Spes ultima moritur

»Nie­mand hat die Absicht Elek­troau­tos zu bauen« oder einen Flughafen zu eröff­nen. Angelehnt an das berühmte Mauer-Zitat von Ex-DDR-Chef Wal­ter Ulbricht spiegelt das frei erfun­dene Zitat ein wenig Piëch-Stim­mung und lässt gle­ichzeit­ig hof­fen, da ja bei dem Beispiel tat­säch­lich Gegen­sät­zlich­es eingetrof­fen ist. Und auch bei der Flughafen­eröff­nung stirbt die Hoff­nung der Berlin­er ja bekan­ntlich zulet­zt. Hoff­nung allein reicht aber nicht. Man muss auch etwas dafür tun..
Machi­avel­lis­tis­ches Kalkül voraus­ge­set­zt, neigen viele Branchenken­ner dazu, ver­stärkt beruhi­gend auf die Entwick­lun­gen, Anstren­gun­gen und Ver­sprechen der deutschen Auto­mo­bilin­dus­trie und der Poli­tik zu reagieren. Sie brem­sen damit ganz bewußt kon­struk­tive Kri­tikan­sätze aus und ver­bre­it­en eine Zuver­sicht, deren gläu­bige Hörigkeit ich nicht immer ganz nachvol­lziehen kann. Wom­öglich ist dieser Kreis Auser­wählter aber ein­fach nur bess­er informiert und ver­fügt über unternehmensin­terne Vorgänge und Entschei­dun­gen, die die Ambi­tion Elek­tro­mo­bil­ität ganz klar belegen.
Das mag ja sein. Und auf alle Mit­glieder im Bun­desver­band eMo­bil­ität trifft das auch ganz sich­er zu. Eine Analyse der Sit­u­a­tion auf Basis der Inten­tion des Ein­gangsz­i­tates lässt diese Zuver­sicht wom­öglich tak­tisch sin­nvoll erscheinen.
Allerd­ings erschliesst sich mir der tief­ere Sinn dahin­ter nicht. Vielle­icht gibt es einen poli­tisch-wirtschaftlich motivierten Mas­ter­plan, der Deutsch­land zum Leit­markt und Lei­tan­bi­eter für Elek­tro­mo­bil­ität machen soll. Klammheim­lich wird hin­ter ver­schlosse­nen Türen geforscht und entwick­elt, um dann mit ein­mal das gesamte Mark­tum­feld beset­zen zu kön­nen und als erster die Lor­beeren für Wertschöp­fung, Arbeit­splätze, Wohl­standssicherung, Ressourcenscho­nung, Kli­ma- und Umweltschutz zu ernten.
Ja, so wird es wohl sein. Ein Beleg dafür sind die undicht­en Insid­er mit ihrem Wis­sensvor­sprung. Offen­sichtlich wird die Geheimhal­tung hier zugun­sten des steigen­den öffentlichen Drucks zunehmend verwässert.
Eine Strate­gie, wie sie Ulbricht nicht bess­er hätte anwen­den kön­nen. Obwohl die Geschichtss­chreiber sich in diesem Fall nicht ganz einig sind, ob es sich um eine freud­sche Fehlleis­tung han­delte oder er tat­säch­lich von Chr­uschtschow in Unwis­senheit gelassen wurde.
Zudem erscheint der Plan recht über­holt, da sich inzwis­chen ja bere­its inter­na­tion­al bedeu­tende Akteure dem The­ma aktiv und sicht­bar angenom­men haben. Die weit­ere Sinnhaftigkeit diese zurück­hal­tenden Vorge­hens ist also fraglich.
Die Kom­plex­ität der stat­tfind­en­den Vorgänge wird aber wohl nur dann deut­lich, wenn man den Über­legun­gen einen weit­eren Aspekt hinzufügt. Das Missver­ständ­nis ein­er Branche in Bezug auf die eigene Def­i­n­i­tion der Daseins­berech­ti­gung. Das Selb­stver­ständ­nis der deutschen Auto­mo­bilin­dus­trie und die über 1oo-jährige Iden­ti­fika­tion mit hochen­twick­el­ten Ver­bren­nungsmo­toren kon­terkari­ert die Bemühun­gen des anste­hen­den Sys­temwech­sels und schiebt sie bewusst und unbe­wusst auf die lange Bank. Die damit ein­herge­hen­den Chan­cen wer­den zwar erkan­nt und auch langsam sicht­bar­er, aber die Notwendigkeit zeit­na­hen Han­delns ist auf­grund der über­mächti­gen Mark­t­po­si­tion lange Zeit ver­nach­läs­sigt worden.
Nun will ich mich den­noch eben­falls in den Rei­hen der­jeniger einord­nen, die vielle­icht etwas mehr wis­sen und möchte all den Mark­te­in­führun­gen, die für dieses Jahr angekündigt wor­den sind, Glauben schenken. Auch wir wis­sen, dass viele deutsche Unternehmen alles andere als untätig waren und wir in Zukun­ft sehr gut aufgestellt sein werden.
Diese Erken­nt­nis erlaubt doch nun aber eine Neuaus­rich­tung in Bezug auf Sicht­barkeit, Kom­mu­nika­tion und ins­beson­dere poli­tis­chen Stel­len­wert der Neuen Mobil­ität auf Basis Erneuer­bar­er Energien. 2013 ist das Jahr, in dem Poli­tik und Wirtschaft der Welt zeigen kön­nen, wie ernst wir es meinen.
In diesem Jahr kön­nen wir uns inter­na­tion­al sicht­bar an die Spitze der Neuen Mobil­ität stellen. Wir kön­nen Leit­markt und Lei­tan­bi­eter. Wir müssen es nur wollen und soll­ten dabei möglichst den strate­gis­chen Stel­len­wert und die einzel­nen Maß­nah­men neu bew­erten und entsprechend ambi­tion­iert­er handeln.
Als BEM wer­den wir uns gemein­sam mit unseren Mit­gliedern auch weit­er­hin diesem Engage­ment mit vollem Ein­satz wid­men. Möglich ist dies langfristig aber nur, wenn wir bei unser­er Arbeit auch eine aus­re­ichend solide Finanzierung gewährleis­ten kön­nen. Das ist ger­ade bei einem wach­senden Ver­band mit ständig steigen­den Anforderun­gen und Erwartun­gen nicht immer ganz leicht. Und genau dabei hof­fen wir auch weit­er­hin, auf Ihre Unter­stützung zählen zu können.
Konkret bedeutet dies neben ein­er weit­eren inhaltlichen Unter­stützung ins­beson­dere auch eine mon­etäre in Form weit­er­er Einzelför­der­mit­glieder und sicht­bar­er Unternehmensmit­glied­schaften, um dem BEM die notwenige Durch­schlagskraft zu ermöglichen und das The­ma auch weit­er­hin auf bre­it­er gesellschaft­spoli­tis­ch­er Ebene sicht­bar und tragfähig voranzubringen.
Edi­to­r­i­al von Chris­t­ian Heep, Vor­stand Mar­ket­ing im Bun­desver­band eMo­bil­ität und Chefredak­teur der NEUEN MOBILITÄT / Aus­gabe 10 / Jan­u­ar 2013

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