»Gebt die Technik frei«: Unternehmer*innen fordern im Berliner e.Club mehr regulatorischen Freiraum für V2X-Sektorenkopplung

Berlin, 08.12.2023. Mit dem Ziel der Stärkung ein­er gelin­gen­den Energiewende in Deutsch­land haben sich Mobil­itäts- und Industrievertreter*innen am Don­ner­stag in Berlin für die reg­u­la­torische Freiga­be tech­nisch mach­bar­er Inter­ak­tio­nen zwis­chen elek­trisch betriebe­nen Fahrzeu­gen, Spe­ich­ern und dem Energien­etz (V2X) ausgesprochen.

Im Gespräch des Berlin­er e.Clubs, der Bühne für Neue Mobil­ität, das gemein­sam mit den Part­nerun­ternehmen Rit­tal und Eplan organ­isiert wurde, bestätigten ver­schiedene Unternehmen die vor­liegen­den Möglichkeit­en, gespe­icherte Energie aus elek­trisch betriebe­nen Fahrzeu­gen dem schwankungsan­fäl­li­gen Strom­netz zur Ver­fü­gung zu stellen und neue For­men des Energie­m­an­age­ments für grüne Wirtschaft zu ermöglichen. Derzeit ist der Ein­satz der Tech­nik durch die beste­hende, ver­al­tete Reg­ulierung im bish­eri­gen Ein­bah­n­prinzip nicht möglich. Zu oft sind Anwender*innen entwed­er mit Dop­pel­be­las­tun­gen oder mit unklaren rechtlichen und steuer­lichen Fra­gen konfrontiert. 

»Gebt die Tech­nik frei«, appel­lierte BEM-Präsi­dent Kurt Sigl zu Beginn der Ver­anstal­tung und ver­wies auf die bis­lang beste­hen­den Block­aden, den Umstieg der Energie- und Mobil­itätswirtschaft auf Erneuer­bare Energien kon­se­quent umzuset­zen. Am Beispiel des Quartiers­man­age­ment schilderte GP-Joule-Geschäfts­führer Manuel Reich, wie es bis­lang nicht möglich ist, selb­st­pro­duzierte Sonnenen­ergie zwis­chen den Quartiersmit­gliedern und dem Net­z­be­treiber sauber zu inte­gri­eren und abzurech­nen. Oder wie Schwarm­spe­ich­er bis­lang nicht dem Netz zur Ver­fü­gung ste­hen kön­nen, um Über- und Unter­deck­ung zu kom­pen­sieren. Diese und weit­ere Maß­nah­men wür­den zu erhe­blichen Kostensenkun­gen bei der Nutzung grün­er Energie und zur Sta­bil­isierung im Gesamt­sys­tem beitragen.

Raphael Görn­er, Leit­er der Busi­ness Unit Ener­gy & Pow­er Solu­tions bei Rit­tal, unter­strich das Inter­esse der Wirtschaft für mehr Klarheit im Markt, um mit entsprechen­den Pro­duk­ten und Lösun­gen die Energiewende voranzutreiben. »Wir als Indus­trie ste­hen mit Ideen und Tech­nolo­gien bere­it, um die Lade­in­fra­struk­tur noch bess­er in die Energiewende zu inte­gri­eren. Rit­tal und Eplan kom­binieren Soft­ware und Hard­ware, um mit vorgedacht­en Lösun­gen das Engi­neer­ing der Kund*innen zu vere­in­fachen. Wir sor­gen so für die drin­gend benötigte Stan­dar­d­isierung der Energiein­fra­struk­tur. Weniger Hür­den und mehr Sek­torenkop­plung wür­den hier einen Tur­bo zünden.«

Branchen­in­tern wird aktuell ein zeitlich begren­zter Freiraum für die Erprobung der neuen Funk­tion­sweisen von V2X disku­tiert. Der soge­nan­nte »Free­dom to Oper­ate« würde dabei wed­er Net­zent­gelte noch Ein­speis­es­teuern bein­hal­ten, son­dern den Agieren­den freie Hand im neuen Umfeld lassen. Eine mark­t­seit­ige Anpas­sung der Reg­ulierung würde dann im Nach­gang vorgenom­men, wobei der BEM damit einen Bestandss­chutz für Tes­tun­ternehmen verbindet. Expert*innen sehen in diesem Pilot­pro­jekt eine große Chance für die Neu­formierung der Rege­len­ergie am Strom­markt und die Ein­bindung von Stadtwerken, Kom­munen und großen Unternehmen.

Nach den Plä­nen des Euro­pean Green Deal und des Aus­baus der eFahrzeug-Flot­ten kann Europa bis zum Jahr 2030 mit 6000 Gigawatt Spe­ich­er­stun­den rech­nen, die als Ressource durch den Verkehr in Umlauf gebracht wer­den. Zum Ver­gle­ich: Die deutschen Pump­spe­icher­w­erke haben eine Leis­tung von ca. neun Gigawatt und eine Spe­icherka­paz­ität von ca. 40 Gigawattstun­den, wobei Deutsch­land etwa gle­ichauf mit Öster­re­ich liegt.

Bis­lang zeigte sich die Bun­desregierung hin­sichtlich ein­er Reg­ulierungsan­pas­sung bei der Sek­torenkop­plung ver­hal­ten, obwohl größter Hand­lungs­be­darf in Sachen nach­haltiger Stan­dort­poli­tik beste­ht. Bis­lang fehlt es an sim­pel­sten Voraus­set­zun­gen geeigneter Oper­a­tional­isierung wie etwa der Erfas­sung der Bat­terieleis­tung von in Deutsch­land zuge­lasse­nen BEVs durch das Kraftfahrtbundesamt. 

Der Mitschnitt zur Ver­anstal­tung wird im Laufe des Tages auf der Web­site https://www.berliner‑e.club veröffentlicht.

Der Bun­desver­band eMo­bil­ität (BEM) ist ein Zusam­men­schluss von Unternehmen, Insti­tu­tio­nen, Wis­senschaftlern und Anwen­dern aus dem Bere­ich der Elek­tro­mo­bil­ität, die sich dafür ein­set­zen, die Mobil­ität in Deutsch­land auf Basis Erneuer­bar­er Energien auf Elek­tro­mo­bil­ität umzustellen. Zu den Auf­gaben des BEM gehört die aktive Ver­net­zung von Wirtschaft­sak­teuren für die Entwick­lung nach­haltiger und inter­modaler Mobil­ität­slö­sun­gen, die Verbesserung der geset­zlichen Rah­menbe­din­gun­gen für den Aus­bau der eMo­bil­ität und die Durch­set­zung von mehr Chan­cen­gle­ich­heit bei der Umstel­lung auf emis­sion­sarme Antrieb­skonzepte. Der Ver­band wurde 2009 gegrün­det. Er organ­isiert 450 Mit­glied­sun­ternehmen, die ein jährlich­es Umsatzvol­u­men von über 100 Mil­liar­den Euro verze­ich­nen und über eine Mil­lion Mitar­beit­er weltweit beschäfti­gen. In 19 Arbeits­grup­pen arbeit­en über 2.000 angemeldete Teilnehmer*innen zur kom­plet­ten Band­bre­ite der eMobilität.

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