Elektromobilität — Normen bringen die Zukunft in Fahrt

Nor­men und Stan­dards flankieren die Marktentwicklung
Die Bun­desregierung hat sich zum Ziel geset­zt, Deutsch­land zum Leit­markt und Lei­tan­bi­eter für Elek­tro­mo­bil­ität zu entwick­eln. Im Rah­men dessen wur­den beson­ders rel­e­vante The­men­bere­iche definiert, die in den Arbeits­grup­pen der Nationalen Plat­tform Elek­tro­mo­bil­ität bear­beit­et wer­den. Ein Kern­the­ma ist der Bere­ich »Nor­mung, Stan­dar­d­isierung und Zer­ti­fizierung«. Um Nor­men ziel­gerichtet für die Elek­tro­mo­bil­ität definieren zu kön­nen, ist neben dem tech­nol­o­gis­chen Ange­bot die Akzep­tanz der Nutzer ein wesentlich­er Erfolgsfaktor.
Im Rah­men der vom DIN her­aus­gegebe­nen Studie »Elek­tro­mo­bil­ität — Nor­men brin­gen die Zukun­ft in Fahrt« — wur­den sechs kri­tis­che Fak­toren für die Entwick­lung der Elek­tro­mo­bil­ität iden­ti­fiziert und entsprechen­der Nor­mungs­be­darf abgeleit­et. Kosten, Reich­weite, Lade­in­fra­struk­tur, Umwelt, Sicher­heit und Zuver­läs­sigkeit sowie Kom­fort sind die Fak­toren, die eine Bar­riere für die Mark­t­durch­dringung von Elek­tro­mo­bil­ität darstellen. Die Mehrzahl der Nutzer wird auch zukün­ftig vor allem bei den Kosten nicht bere­it sein, einen wesentlichen Auf­schlag auf den Kauf­preis gegenüber einem ver­gle­ich­baren Ver­bren­nungs­fahrzeug zu akzep­tieren. Die Reich­wei­t­e­nangst kann einem Großteil der Nutzer genom­men wer­den. Zum Beispiel durch das Ange­bot von Hybrid­konzepten, dem punk­tuellen und intel­li­gen­ten Auf­bau ein­er Lade­in­fra­struk­tur und geeigneten Geschäftsmod­ellen (u.a. kom­binierte Mod­elle kon­ven­tioneller und alter­na­tiv­er Mobil­ität­sange­bote, Mobil­ität­skarte). Viele Nutzer sehen den Vorteil von Elek­tro­fahrzeu­gen gegenüber kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen in der »grü­nen« Mobil­ität. Auch wenn dieser Fak­tor für das Image der Elek­tro­mo­bil­ität große Bedeu­tung hat, besitzt er nur begren­ztes Poten­zial, um die aus Reich­weite und Kosten resul­tieren­den Nachteile aufzuheben.
Die Studie definiert fol­gende Ziel­grup­pen: Tech­nikbegeis­terte, Umwelt‑, Kosten- und Sicher­heits­be­wusste sowie Kon­ser­v­a­tive. Jede Ziel­gruppe stellt the­men­be­zo­gen unter­schiedliche Anforderun­gen an die Elek­tro­mo­bil­ität. Generell gilt: Je offen­er die Nutzer gegenüber neuen Tech­nolo­gien sind, desto eher wer­den sie bere­it sein, Nachteile zu akzep­tieren. Obgle­ich der ökol­o­gis­che Aspekt eine hohe Bedeu­tung hat, gibt es in den ermit­tel­ten Ziel­grup­pen unter­schiedliche Mei­n­un­gen über dessen Rel­e­vanz für die tat­säch­liche Entschei­dung, auf Elek­tro­mo­bil­ität umzusteigen. Die Kon­ser­v­a­tiv­en ste­hen der Elek­tro­mo­bil­ität kri­tisch gegenüber und wer­den ihr bish­eriges Ver­hal­ten lange Zeit beibehal­ten. Demge­genüber ist die trend­be­wusste umwelt­be­wusste Ziel­gruppe bere­it, zugun­sten des ökol­o­gis­chen Vorteils und der Öffentlichkeitswirk­samkeit ihres Fahrzeuges ihr Verkehrsver­hal­ten anzu­passen. Die Inter­essen der anderen Grup­pen vari­ieren nach dem jew­eili­gen Schw­er­punkt. Die häu­fig­ste Übere­in­stim­mung in den Merk­malen der einzel­nen Grup­pen beste­ht in der eingeschränk­ten Akzep­tanz von Kosten­er­höhun­gen. Zudem iden­ti­fiziert sie Leis­tungs­fähigkeit der Fahrzeuge sowie Sicher­heit und Zuver­läs­sigkeit als wichtige grup­penüber­greifende Themen.
Ein Basis­szenario zeigt, dass bis auf die Kon­ser­v­a­tiv­en alle Ziel­grup­pen bis zum Jahr 2025 elek­tro­mo­bil wer­den kön­nen. In welchem Umfang die jew­eili­gen Ziel­grup­pen ein­steigen wer­den, hängt von anderen Fak­toren wie den Fahrpro­filen und dem Einkom­men der einzel­nen Nutzer ab. Ein zusät­zlich entwick­eltes Neg­a­tivszenario zeigt, dass es Aspek­te, wie beispiel­sweise Sicher­heitsmän­gel oder Umwelt­be­las­tung gibt, die die Mark­ten­twick­lung unter­brechen bzw. verzögern.
Bei der Entschei­dung auf Elek­tro­mo­bil­ität umzusteigen, hat der Bere­ich Sicher­heit heute noch eine geringe Bedeu­tung. Das ist ins­beson­dere darauf zurück­zuführen, dass die Nutzer das gle­iche Sicher­heit­sniveau wie bei kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen erwarten. Die Detail­be­tra­ch­tung und die Szenar­ien zeigen jedoch, dass der Bere­ich Sicher­heit kün­ftig eine ganz entschei­dende Rolle erhält. Unfälle und Ver­let­zun­gen kön­nen die Nutzer­akzep­tanz und damit die Mark­t­durch­dringung mas­siv neg­a­tiv zu beeinflussen.
Nor­men und Stan­dards fördern die Tech­nikkon­ver­genz, garantieren eine definierte Qual­ität und unter­stützen den Wet­tbe­werb. Sie schaf­fen Trans­parenz und erzeu­gen Ver­trauen beim Nutzer. Daher dienen sie direkt und indi­rekt dazu, die Nutzer­akzep­tanz der Elek­tro­mo­bil­ität zu steigern und ermöglichen ein frühzeit­iges Gegen­s­teuern — beispiel­sweise bei sicher­heit­skri­tis­chen The­men­feldern. So wer­den die bewussten und unbe­wussten Erwartun­gen der Nutzer erfüllbar.
In der Studie wird erst­mals die Meth­ode »Use-Cas­es« im Umfeld der Elek­tro­mo­bil­ität einge­set­zt. »Use-Cas­es« geben neben der vorgenomme­nen Detail­be­tra­ch­tung der kri­tis­chen Fak­toren eine zusät­zliche Per­spek­tive auf den Nor­mungs­be­darf. Ein »Use-Case« beschreibt Vorgänge aus Sicht der beteiligten Akteure in ihren jew­eili­gen Rollen und abstrahiert tech­nis­che Details. Dies ermöglicht die logis­che Abstrak­tion und Konkretisierung eines Vor­gangs, je nach Zweck und Ziel­gruppe in unter­schiedlich gewählter Gran­u­lar­ität. Schnittstellen zu iden­ti­fizieren und Nor­mungs­be­darf abzuleit­en wurde auf diesem Weg in sehr über­sichtlich­er Form möglich.
Dr. Georg A. Teich­mann // PwC
www.pwc.de

Nach oben