BEM-Pressemitteilung: Offener Brief / Statement zum Thema Batterieproduktion in Deutschland

11. Juli 2018 / Pressemit­teilung — Offen­er Brief

Sehr geehrte Frau Bun­deskan­z­lerin Dr. Angela Merkel,
mit großer Ver­wun­derung haben wir Ihr State­ment im Rah­men des Besuchs des chi­ne­sis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten Li Keqiang zum The­ma Bat­teriepro­duk­tion zur Ken­nt­nis genommen.
Im ZDF heute jour­nal vom 09.07.2018 sagen Sie hierzu: »Wenn wir es sel­ber kön­nten, wäre ich auch nicht trau­rig. Aber nun ist es ein­mal so und wenn diese Investi­tion schon stat­tfind­et in Europa, dann ist es gut, wenn sie in Deutsch­land stattfindet.«
Thürin­gens Min­is­ter­präsi­dent Bodo Ramelow ver­mit­telt zudem den Ein­druck, dass wir froh da­rüber sein kön­nen, dass chi­ne­sis­che Inve­storen Kap­i­tal und Tech­nolo­gie mit­brin­gen und nicht nur Know-how abgreifen. Diese Aus­sage wird wohl der Tat­sache geschuldet sein, dass der chine­sische Her­steller CATL eine Bat­teriezel­len­fab­rik für Elek­troau­tos im Thüringer Industrie­gebiet Erfurter Kreuz plant und damit bis zu 1.000 neue Arbeit­splätze in der Region schaf­fen will. Der Redak­tions-Sprech­er im heute jour­nal behauptet sog­ar, es han­dele sich um eine Tech­nolo­gie, die deutsche Fir­men nicht beherrschen.
Das stimmt aber nicht.
Deutsch­land hätte in der Ver­gan­gen­heit einiges dafür tun kön­nen, dass die Zellfer­ti­gung in zumin­d­est über­wiegend deutsch­er Hand bleibt.
Immer und immer wieder ver­suchen wir auf EU‑, Bun­des- und Län­derebene Gehör zu find­en. Alle unsere bish­eri­gen Aktiv­itäten wur­den abgelehnt und ver­wor­fen. Es geht inzwis­chen nicht nur um die Zellfer­ti­gung selb­st, son­dern auch um einen Bat­terie-Cam­pus, der sich in Deutsch­land um die europäis­che Bat­terie-Pro­duk­tions- und Forschungs­land­schaft bildet, um sich mit neuen Zell-Gen­er­a­tio­nen zu beschäfti­gen und ins­beson­dere, um Know-how und Wertschöp­fung aufzubauen und langfristig zu sich­ern. In anderen Län­dern, wie den USA und auch in Asien, forscht man längst an organ­is­chen Akkus. In Deutsch­land wird das, wie so vieles, was unsere Zukun­ft bet­rifft, aus­ge­sessen, bis es so weit kommt wie jet­zt in Thüringen.
Es gab einige deutsche Play­er, die sich inten­siv mit dem Auf­bau ein­er Zellfer­ti­gung in Deutsch­land beschäftigt haben. Allerd­ings wird die fehlende poli­tis­che Unter­stützung eine große Rolle bei der Entschei­dung gegen ein Invest in dieser Größenord­nung gespielt haben.
So hätte es z.B. für die Zellfer­ti­gung deutsch­er Ini­tia­toren eine Bürgschaft zur Investitions­sicher­heit geben kön­nen. Eine Bürgschaft wäre nicht nur eine Sicher­heit gegenüber den Inve­storen, son­dern gle­ichzeit­ig ein klares poli­tis­ches State­ment für eine tat­säch­lich gewün­schte Mobilitätswende.
Die Bat­teriezel­len­fer­ti­gung ist das Herzstück der kün­fti­gen Neuen Mobil­ität. Die Auto­mo­tive-Branche ist neben der Energiewirtschaft das größte Gut der Deutschen Wirtschaft. Rund ein Vier­tel der auto­mo­bilen Wertschöp­fung liegt allein in der Batterie.
Im Bere­ich der Net­z­di­en­lichkeit von Elek­tro­mo­bil­ität stellt die Mobil­itätswende zudem einen wesentlichen Baustein der Energiewende dar; ins­beson­dere da die mobilen Spe­ich­er im Strom­netz der Zukun­ft (Smart­Grid) die Inte­gra­tion Erneuer­bar­er Energien bei mod­er­atem Net­zaus­bau sig­nifikant verbessern können.
In den ver­gan­genen zehn Jahren sind mehr als zehn Mil­liar­den Euro Sub­ven­tio­nen an deutsche Auto­mo­bil­her­steller geflossen. Pos­i­tive Auswirkun­gen dieser Förderun­gen in Bezug auf die Mobil­itätswende sind lei­der bis dato nicht zu erken­nen. Deutsch­land ist wed­er Erst­markt, noch Leit­markt. Dabei kön­nten wir dies in Bezug auf unser tech­nol­o­gis­ches Know-how und in Bezug auf die Exper­tise und Leis­tungs­fähigkeit deutsch­er Unternehmen ohne große Her­aus­forderun­gen wer­den. Wir kön­nten Welt­mark­t­führer und Export-Welt­meis­ter im Bere­ich der Schlüssel­technolo­gien Erneuer­bare Energien und Elek­tro­mo­bil­ität wer­den und wür­den damit einen Job­mo­tor und eine wirtschaftliche Pros­per­ität für Gen­er­a­tio­nen erzeu­gen. Die Welt würde wieder auf den Stan­dort Deutsch­land blick­en und wir wären ein inter­na­tion­al anerkan­nter und gefragter Part­ner im Bere­ich der Green Econ­o­my. Das ist die Zukun­ft, i n die wir uns wirtschaftlich bewe­gen müssen.
An dieser Stelle wagen wir zudem die Prog­nose, dass dieses gebün­delte Engage­ment in nach­haltige Tech­nolo­gien sich dahinge­hend auswirken würde, dass auch andere Län­der sich diesem Beispiel anschließen und wir gemein­sam etwas gegen den Kli­mawan­del aus­richt­en kön­nen. Uns fehlt in Wirtschaft, Poli­tik und Medi­en gle­icher­maßen die Erken­nt­nis, dass sich dieses Engage­ment für unser Land auszahlen würde. Gle­ichzeit­ig kön­nen wir damit unseren Verpflich­tun­gen aus dem Paris­er Kli­maschutz­abkom­men nachkommen.
Wir bit­ten Sie in Ihrer Posi­tion als Bun­deskan­z­lerin ein­dringlich darum, diese The­men mit hoher Pri­or­ität voran zu treiben und bieten Ihnen hier­bei natür­lich gerne unsere volle Unter­stützung und Koop­er­a­tion an.
Seit Jahren fordern wir seit­ens des Bun­desver­bands eMo­bil­ität den Auf­bau ein­er Zellfer­ti­gung in Deutsch­land und zwar gemein­sam mit unseren inno­v­a­tiv­en und auch zu diesem The­ma bestens aufgestell­ten Mit­glied­sun­ternehmen. Hierzu gehört ins­beson­dere Sven Bauer von BMZ mit dem Net­zw­erk-Kon­sor­tium Ter­raE. Konkrete Gespräche bezüglich ein­er Ansied­lungsstrate­gie haben bere­its mit Bun­deswirtschaftsmin­is­ter Peter Alt­maier, dem bay­erischen Wirtschaftsmin­is­ter Franz Josef Pschier­er und vie­len anderen in Bund und Län­dern stattgefunden.
Ent­ge­gen der zuvor beschriebe­nen Aus­sagen, sind unsere deutschen Unternehmen sehr wohl in der Lage eine tech­nol­o­gisch fortschrit­tliche und wirtschaftlich prof­itable Bat­teriezel­len­fer­ti­gung in Deutsch­land aufzubauen. Wir müssen es nur wollen..!
Nach­fol­gend ein paar weit­er­führende Infor­ma­tio­nen ein­er Ter­raE-Pressemel­dung aus Mai 2018:
Eine wet­tbe­werb­s­fähige und nach­haltige Bat­terie-Indus­trie zu schaf­fen, ist für Europa eine gewal­tige und drin­gende Her­aus­forderung, die rasches Han­deln im glob­alen Wet­tbe­werb erfordert.
Laut eini­gen Prog­nosen kön­nte der Bat­teriemarkt in Europa ab 2025 bis zu 250 Mrd. EUR groß sein. Um allein diesen Bedarf zu deck­en, würde Europa 10 bis 20 Giga-Fab­riken für die Batterie­zellenherstellung benöti­gen. Auf­grund des erforder­lichen Investi­tionsvol­u­mens und ‑tem­pos kann diese indus­trielle Her­aus­forderung von der EU nicht unko­or­diniert ange­gan­gen werden.
Im Okto­ber 2017 startete daher eine Ini­tia­tive durch den Vizepräsi­den­ten der EU-Kom­mis­sion Maroš Šefčovič zum Auf­bau ein­er Bat­terie-Allianz mit allen Akteuren der europäis­chen Wert­schöpfungs­kette. Ter­raE ist Teil der Batterie-Allianz.
Hauptziele des Aktion­s­planes sind:

  • Gewährleis­tung des Zugangs zu Rohstoffen
  • Unter­stützung der Pro­duk­tion europäis­ch­er Bat­teriezellen in großem Umfang und ein­er voll­ständigen konkur­ren­zfähi­gen Wertschöp­fungs­kette in Europa
  • Aus­bau der Führungsrolle der Indus­trie mit­tels ver­stärk­ter Förderung von Forschung und Inno­va­tion in der EU
  • Auf­bau und Stärkung eines hochqual­i­fizierten Arbeit­skräftebe­stands für alle Teile der Batteriewertschöpfungskette
  • Unter­stützung der Nach­haltigkeit der Bat­teriezel­len­her­stel­lungsin­dus­trie in der EU
  • Gewährleis­tung der Kohärenz mit dem all­ge­meinen EU- und Regulierungsrahmen

Die Kom­mis­sion fordert weit­er­hin die an der „Europäis­chen Bat­terie-Allianz“ beteiligten Akteure in der EU auf,

  • von der Branche aus­ge­hende indus­triege­führte Ini­tia­tiv­en und Vorhaben voranzutreiben und umzuset­zen, um eine wet­tbe­werb­s­fähige Bat­terie-Wertschöp­fungs­kette in Europa zu schaffen

Weit­er­hin fordert sie die teil­nehmenden Mit­glied­staat­en auf,

  • ihre Unter­stützung für die indus­triege­führten Pro­jek­te auf dem Gebi­et der Batteriezellenher­stellung oder son­stiger Teile der Ver­sorgungs­kette wann immer angezeigt mit Hil­fe nationaler Instru­mente und/oder geeigneter EU-Finanzierungsmech­a­nis­men, für die sie zuständig sind (z.B. Struk­tur­fonds), auszubauen
  • Genehmi­gungs- und Zulas­sungsver­fahren (Umwelt, Her­stel­lung, Bau) für Pilotlin­ien und ein­schlägige Branchen­pro­jek­te zu vere­in­fachen und zu beschleunigen

Der CEO von Ter­raE, Hol­ger Gritz­ka, zur Ini­tia­tive der EU-Kom­mis­sion: »Es ist erfreulich, dass die EU-Kom­mis­sion erkan­nt hat, wie wichtig ein funk­tion­ieren­des, inno­v­a­tives und nach­haltiges Öko-Sys­tem zur Fer­ti­gung von Bat­teriezellen in Europa ist, und seit­ens der EU-Kom­mis­sion die poli­tis­chen und finanziellen Rah­menbe­din­gun­gen für eine erfol­gre­iche Umset­zung geschaf­fen wer­den. Ter­raE koor­diniert bere­its ein Kon­sor­tium aus 19 europäis­chen Fir­men und Insti­tuten, mit dem Ziel, Bat­teriezellen in Groß-Serien­fer­ti­gung in Europa herzustellen.«
Wir freuen uns auf einen kon­struk­tiv­en und weit­er­führen­den Dialog.
Mit fre­undlichen Grüßen
BEM-Präsi­dent Kurt Sigl & BEM-Vize-Präsi­dent Chris­t­ian Hee
Über den BEM e.V.
Der Bun­desver­band eMo­bil­ität set­zt sich dafür ein, die Mobil­ität in Deutsch­land und Europa auf Basis Erneuer­bar­er Energien auf Elek­tro­mo­bil­ität umzustellen. Zu den Auf­gaben des BEM gehört die Verbesserung der geset­zlichen Rah­menbe­din­gun­gen für den Aus­bau der eMo­bil­ität als nach­haltiges und zukun­ftsweisendes Mobil­ität­skonzept und die Durch­set­zung ein­er Chan­cen­gle­ich­heit bei der Umstel­lung auf emis­sion­sarme Antriebskonzepte.
Weit­ere Infor­ma­tio­nen find­en Sie unter:
www.bem-ev.de
Pressekon­takt Bun­desver­band eMo­bil­ität e.V., Oranien­platz 5, 10999 Berlin
Fon 030 8638 1874
presse@bem-ev.de
BEM-Vize-Präsi­dent Chris­t­ian Heep
www.bem-ev.de/christian-heep
christian.heep@bem-ev.de
Bei Veröf­fentlichung wird um ein Belegex­em­plar gebeten.
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