Privilegienstreit

Regierung will Elek­tro­fahrzeu­gen den Weg ebnen. Vor allem die geplante Nutzung von Busspuren stößt auf Kri­tik.
Das Ziel ist ambi­tion­iert: Bis 2020 sollen auf Deutsch­lands Straßen eine Mil­lion Elek­tro­fahrzeuge rollen. Bish­er sind allerd­ings nur wenige dieser Fahrzeuge zu sehen. Das soll sich jet­zt ändern. Die Bun­desregierung hat deshalb einen Geset­zen­twurf (18/3418) vorgelegt, nach dem Elek­tro­fahrzeuge priv­i­legiert wer­den sollen. Dazu gehören unter anderem das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen, die Ermäßi­gung bei Parkge­bühren und die Nutzung von Busspuren.
Die meis­ten dieser Maß­nah­men wur­den von Experten ver­gan­gene Woche bei ein­er öffentlichen Anhörung des Verkehrsauss­chuss­es begrüßt. Durch unter­stützende Maß­nah­men zur Mark­te­in­führung von Elek­tro­fahrzeu­gen könne auch ein Beitrag zur Reduzierung der schädlichen Kohlen­diox­id-Emmis­sio­nen im Verkehrssek­tor geleis­tet und gle­ichzeit­ig die Abhängigkeit von Energieim­porten gesenkt wer­den, erk­lärte Timm Fuchs von der Bun­desvere­ini­gung der kom­mu­nalen Spitzen­ver­bände. Zu ihnen gehören der Deutsch­er Städte­tag, Deutsche Land­kreistag sowie der Deutsche Städte- und Gemein­de­bund. Pos­i­tiv sah Fuchs vor allem die Möglichkeit, im Bere­ich des Parkens Vorteile für die Elek­tro­fahrzeuge zu schaf­fen. Er betonte jedoch, dass die Entschei­dung darüber in die Hand der Gemein­den gehöre.
Umstrit­ten unter den Experten war vor allem die geplante Nutzung der Busspuren. Während bei den kom­mu­nalen Spitzen­ver­bän­den der Städte- und Gemein­de­bund dieser pos­i­tiv gegenüber ste­ht, sehen Städte­tag und Land­kreistag darin keinen geeigneten Ansatz, die Elek­tro­mo­bil­ität zu fördern, da sie die Bemühun­gen den öffentlichen Per­so­nen­nahverkehr (ÖPNV) zu beschle­u­ni­gen, kon­terkari­eren wür­den. Nur Busse, Tax­en und Kranken­trans­porte wür­den grund­sät­zlich über die erforder­lichen tech­nis­chen Ein­rich­tun­gen ver­fü­gen, um die Vor­rangschal­tun­gen bei Lichtsig­nalen zu bedienen.
Auch Kurt Sigl, Präsi­dent des Bun­desver­ban­des eMo­bil­ität, lehnte deshalb die Öff­nung der Busspuren ab. Dies sei keine geeignete Maß­nahme, die Bevölkerung von den Vorteilen der Elek­tro­mo­bil­ität zu überzeu­gen. Busspuren soll­ten daher auch in Zukun­ft für Elek­troau­tos tabu und allein dem ÖPNV vor­be­hal­ten sein. Ins­ge­samt seien die im Geset­zen­twurf for­mulierten Anreize nicht aus­re­ichend und zu wenig ambi­tion­iert, um der Elek­tro­mo­bil­ität in Deutsch­land einen entschei­den­den Schub zu ver­lei­hen, kri­tisierte Sigl. Die Maß­nah­men wür­den viel zu spät kom­men. Der Geset­zen­twurf sei ins­ge­samt sehr stark auf den Auto­mo­bil­bere­ich fokussiert.
Mar­tin Schmitz vom Ver­band Deutsch­er Verkehrsun­ternehmen begrüßte grund­sät­zlich die Pläne der Bun­desregierung. Aber auch er lehnte die Nutzung der Busspuren ab. Die Zukun­ft gehöre ein­er intel­li­gen­ten Verknüp­fung aller Verkehrsträger mit dem Rück­grat ÖPNV.
Klaus Bon­hoff von der Nationalen Organ­i­sa­tion Wasser­stoff- und Brennstof­fzel­len­tech­nolo­gie bew­ertete es als pos­i­tiv, dass im Geset­zen­twurf sowohl elek­trisch betriebene Fahrzeuge als auch Hybrid­fahrzeuge berück­sichtigt seien. Damit bekräftige die Bun­desregierung einen tech­nolo­gie­of­fe­nen Ansatz zur Elektromobilität.
Neben den vorge­se­henen Bevor­rech­ti­gun­gen seien jedoch weit­ere Maß­nah­men für eine Umset­zung der Elek­tro­mo­bil­ität im Massen­markt notwendig. So müsse Elek­tro­mo­bil­ität wirtschaftlich attrak­tiv gemacht und eine Infra­struk­tur zum Laden der Fahrzeuge geschaf­fen wer­den. Die Nutzung von Busspuren soll nach sein­er Mei­n­ung „option­al“ vorge­se­hen wer­den – die Entschei­dung darüber müsse aber bei den Städten und Gemein­den liegen.
Pro­fes­sor Hen­ning Karg­er­mann von der Nationalen Plat­tform Elek­tro­mo­bil­ität hält ein Mark­tak­tivierung­spro­gramm für nötig, um der Elek­tro­mo­bil­ität hierzu­lande einen spür­baren Anschub zu geben, sich dem Ein-Mil­lion-Ziel zu näh­ern. Die Regierungs-Ini­tia­tive sei jedoch dafür nicht aus­re­ichend. Deshalb soll­ten unter anderem die Abschrei­bungsmöglichkeit­en für eAu­tos verbessert wer­den. Unter­stützt wurde Karg­er­mann dabei von Kay Lin­de­mann, Ver­band der Auto­mo­bilin­dus­trie. Es müssten auch auf der Nach­frage­seite Anreize geschaf­fen wer­den, damit die Ziele der Regierung erre­icht würden.
Die Frak­tion Bünd­nis 90/Die Grü­nen legte dazu ver­gan­gene Woche einen Antrag (18/3912) vor, in dem die Regierung aufge­fordert wurde, die Elek­tro­mo­bil­ität „entschlossen“ zu fördern. Um alter­na­tive Fahrzeugtech­nolo­gien gezielt voranzutreiben und die Energiewende auch im Verkehr umzuset­zen, fordert die Frak­tion die Bun­desregierung deshalb auf, ein Mark­tan­reizpro­gramm zu entwick­eln, bei dem die Käufer von Elek­troau­tos einen Kaufzuschuss in Höhe von 5.000 Euro und von ver­brauch­sar­men Plug-In-Hybrid-Autos in Höhe von 2.000 Euro erhal­ten. Im Bun­de­se­tat soll ein Investi­tion­spro­gramm Elek­tro­mo­bil­ität aufgelegt wer­den, damit der Auf­bau ein­er öffentlich zugänglichen Lade-Infra­struk­tur steuer­lich gefördert wer­den kann. Weit­er set­zt sich die Frak­tion dafür ein, dass Elek­tro­fahrzeuge keine Busspuren benutzen dürfen.
Autor: Michael Klein
Quelle: ⇢ Das Par­la­ment Nr. 7 bis 9 / 09. Feb­ru­ar 2015

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