Viele Ladesäulen versus schnell tanken

März 2017 / Artikel erschienen in Erneuer­bare Energien 02/2017

Pro-Argu­mente bat­teriebe­triebene Elek­tro­mo­bil­ität im Gegen­satz zu Wasser­stoff — Kurt Sigl, BEM-Präsident
Bat­terieelek­trische Fahrzeuge sind bere­its heute von ver­schiede­nen Her­stellern in Großserie auf dem Markt ver­füg­bar und zu erschwinglicheren Preisen zu haben. Kon­stant fal­l­ende Bat­teriekosten und Skalen­ef­fek­te bei der Her­stel­lung lassen hier sukzes­sive die Preise fall­en. Der Preis für Klein- und Mit­telk­lassewa­gen mit Akku­mu­la­tor liegt aktuell zwis­chen 18.000 (Renault ZOE) und 40.000 Euro (Ford Focus Elec­tric). Das Mod­el S von Tes­la ist je nach Ausstat­tung ab 65.000 Euro erhältlich — rang­iert aber auch im Luxu­sseg­ment. Im Brennstof­fzel­len­bere­ich gibt es erst ein einziges Fahrzeug, das über­haupt in Großserie gefer­tigt wird — der Toy­ota Mirai kann seit 2015 für 78.500 Euro in Deutsch­land gekauft werden.
Es gibt noch kein prak­tisch nutzbares Netz an Wasser­stoff­tankstellen — bun­desweit sind erst 34 Tankstellen in Betrieb. Eine Wasser­stoff­tankstelle zu erricht­en kostet über 1 Mio. Euro — ohne Mil­liar­den­in­vesti­tio­nen von Auto­her­stellern, Energiekonz­er­nen und staatlichen Förder­pro­gram­men wird sich daran auch in naher Zukun­ft nichts ändern. Bat­terieau­tos dage­gen kön­nen prak­tisch über­all aufge­laden wer­den, wo es Strom gibt. Die Infra­struk­tur für Bat­terieau­tos ist in Form des Strom­net­zes bere­its vorhan­den — die entsprechen­den Ladesta­tio­nen lassen sich mit rel­a­tiv wenig Aufwand über­all instal­lieren. Das Investi­tionsvol­u­men ist dabei ger­ing: ab 2.000 Euro kann man einen 22kW-Ladepunkt erricht­en. Die Investi­tio­nen in Ladesäulen kön­nen außer­dem schrit­tweise erfol­gen, da die meis­ten Lade­vorgänge in der heimis­chen Garage stattfinden.
Im Ver­gle­ich der Wirkungs­grade ergibt sich von der Energiequelle bis zur Energiebere­it­stel­lung im Fahrzeug für ein Elek­tro­fahrzeug mit Brennstof­fzelle ein deut­lich gerin­ger­er Wirkungs­grad als für ein Elek­tro­fahrzeug mit Akku­mu­la­tor, vor allem durch die notwendi­ge, sehr energiein­ten­sive Wasser­stof­ferzeu­gung und Spe­icherung. Wegen des Umwegs über die Elek­trol­yse, den Tank und die Brennstof­fzelle ver­braucht ein Wasser­stof­fau­to mehr als dreimal so viel Strom wie ein bat­terieelek­trisches Auto. Zudem ist der Wirkungs­grad von der Elek­trol­yse bis zum Aus­puff mit unter 50% sehr ger­ing. Im Ver­gle­ich dazu kann der Strom bei einem bat­terieelek­trischen Fahrzeug ohne weit­ere Energieumwand­lun­gen über die Strom­leitung direkt in den Akku einge­speist wer­den. Es treten kaum Ver­luste auf: der Wirkungs­grad von Lithi­um-Ionen-Akkus liegt bei fast 100%.
Das Brennstof­fzel­lenau­to hat eine kleine Bat­terie und eine Brennstof­fzelle mit an Bord, welche die Energie des Wasser­stoffs in elek­trischen Strom umwan­delt. Zusät­zlich sind außer­dem Tanks im Fahrzeug notwendig, in denen der Wasser­stoff gelagert wird. Das schränkt den Lader­aum zusät­zlich ein. Das bat­terieelek­trische Auto ist im Ver­gle­ich dazu viel ein­fach­er aufge­baut: es benötigt lediglich möglichst viele Bat­te­rien, um die gewün­scht­en Leis­tun­gen zu erzie­len. Diese kön­nen rein the­o­retisch an jed­er Stelle im Fahrzeug ver­baut wer­den, wodurch sehr viel mehr Platz im Innen­raum zur Ver­fü­gung ste­ht, als bei einem Wasser­stof­fau­to. Ein wichtiges Kri­teri­um bei der Kaufentschei­dung poten­tieller Kunden.
Die Tech­nolo­gien ste­hen nicht in Konkur­renz zueinan­der. Vielmehr bes­timmt der jew­eilige Ein­satzz­weck, ob eine Bat­terie oder eine wasser­stoff­be­triebene Brennstof­fzelle den Strom für den Elek­tro­mo­tor liefert. Je größer das Fahrzeug und die erforder­liche Reich­weite sind, desto eher kommt die Brennstof­fzelle zum Ein­satz. Da das Vol­u­men­prob­lem bei der Lagerung des Wasser­stoffs hier eher beherrschbar wird. So etwa bei Last­wa­gen im Fer­n­verkehr, Lin­ien­bussen im ÖPNV oder im Schienen­verkehr. Auf­grund der aus­ge­baut­en Lade­in­fra­struk­tur, der Energieef­fizienz und der gerin­geren Kosten hat das bat­teriebe­triebene Elek­tro­fahrzeug momen­tan jedoch im Bere­ich der Indi­vid­ual­mo­bil­ität ein­deutig die Nase vorn.

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