BEM-Pressemitteilung: BEM-Stellungnahme zum Elektromobilitätsgesetz

Elek­tro­mo­bil­itäts­ge­setz: Anspruch und Wirk­lichkeit klaf­fen weit auseinander
Der Entwurf greift zu kurz, die geplanten Anreize sind nicht aus­re­ichend
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Berlin. 19. August 2014. Verkehrs- und Umwelt­min­is­teri­um haben einen gemein­samen Ref­er­ente­nen­twurf zur Bevor­rech­ti­gung der Ver­wen­dung von elek­trisch betriebe­nen Fahrzeu­gen vorgelegt. Bei dem Gesetz, das 2015 in Kraft treten soll, han­delt es sich um die Ermäch­ti­gungs­grund­lage für Städte und Gemein­den, bes­timmte Priv­i­legien für Elek­tro­fahrzeuge im Straßen­verkehr zu gewähren. Von den Priv­i­legien prof­i­tieren sollen rein bat­terieelek­trische Fahrzeuge, Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge und Fahrzeuge mit Brennstof­fzelle. Die Bun­desregierung ver­spricht sich von dem Gesetz, Elek­tro­mo­bil­ität in Deutsch­land sicht­bar zu etablieren.
»Anfang 2014 waren hierzu­lande laut ein­er Studie des Zen­trums für Sonnenen­ergie- und Wasser­stoff-Forschung Baden-Würt­tem­berg lediglich 17.500 Elek­troau­tos (rein bat­terieelek­trisch, Range Exten­der und Plug-In-Hybride) zuge­lassen. Im drit­ten Fortschritts­bericht der Nationalen Plat­tform Elek­tro­mo­bil­ität wur­den für das Jahr 2014 (Ende der Mark­tvor­bere­itungsphase und Beginn der Mark­thochlauf­phase) jedoch bere­its 100.000 Elek­troau­tos angestrebt. Die Zahlen machen deut­lich, dass Anspruch und Wirk­lichkeit in Deutsch­land aktuell weit auseinan­der klaf­fen«, so Kurt Sigl, Präsi­dent des Bun­desver­bands eMo­bil­ität und ergänzt: »Vor diesem Hin­ter­grund sind die im Geset­ze­sen­twurf for­mulierten Anreize zwar grund­sät­zlich zu begrüßen, aber ins­ge­samt nicht aus­re­ichend und zu wenig ambi­tion­iert, um der Elek­tro­mo­bil­ität in Deutsch­land einen entschei­den­den Schub zu ver­lei­hen. Die Maß­nah­men kom­men viel zu spät und hät­ten als ord­nungsrechtlich­er Rah­men bere­its zu Beginn der Mark­thochlauf­phase schon vor eini­gen Jahren ver­ab­schiedet wer­den müssen.«
In der offiziellen Stel­lung­nahme des Bun­desver­bands eMo­bil­ität zum Geset­ze­sen­twurf find­en sich eine Rei­he kri­tis­ch­er Punk­te. Dazu zählt u.a. auch die mögliche Nutzung der Busspuren. »Die Öff­nung der Busspuren für Elek­tro­fahrzeuge lehnen wir ab, da dies zu Las­ten des Öffentlichen Per­so­nen­nahverkehrs (ÖPNV) erfol­gen würde. Eine Förderung der Indi­vid­ual­mo­bil­ität zu Ungun­sten des ÖPNV stellt keine geeignete Maß­nahme dar, die Bevölkerung von den Vorteilen der Elek­tro­mo­bil­ität zu überzeu­gen. Im schlimm­sten Fall kann die Behin­derung des öffentlichen Verkehrs in den kom­menden Jahren durch immer mehr eAu­to-Fahrer auf der Busspur sog­ar neg­a­tive Auswirkun­gen für das Image der Elek­tro­mo­bil­ität haben. Entwick­elt sich der Elek­troau­to-Markt entsprechend der Prog­nosen, kommt es dort kün­ftig bald zu einem Verkehrsstau. Busspuren soll­ten daher auch in Zukun­ft lediglich dem ÖPNV vor­be­hal­ten sein. Ein viel effek­tiver­er Ansatz wäre die sukzes­sive Ein­führung elek­trisch­er Busse«, so BEM-Vize-Präsi­dent Chris­t­ian Heep.
Die laschen Kri­te­rien, die Plug-In Hybrid Fahrzeuge (PHEV) erfüllen müssen, um kün­ftig in den Genuss ver­schieden­er Priv­i­legien zu gelan­gen, sind laut Bun­desver­band eMo­bil­ität eben­falls kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. »Selb­stver­ständlich soll­ten auch PHEV in den Genuss von Priv­i­legien kom­men, jedoch nur wenn eine elek­trische Min­de­stre­ich­weite von 50 Kilo­me­tern und ein max­i­maler Emis­sions-Wert von 50g CO2/km erre­icht wird. Diese Gren­ze ist bere­its seit ger­aumer Zeit in Branchenkreisen etabliert und all­ge­mein akzep­tiert. Nur ab ein­er sig­nifikan­ten elek­trischen Reich­weite, mit der ein Großteil der täglichen Fahrten tat­säch­lich elek­trisch zurück­gelegt wer­den kann, kön­nen PHEV als sin­nvolle Brück­en­tech­nolo­gie dienen und einen spür­baren Beitrag zur Lärm-und Abgasre­duk­tion leis­ten. Bere­its heute gibt es PHEV auf dem deutschen Markt, die diese Kri­te­rien prob­lem­los «, betont der BEM-Präsident.
»Die aufge­führten Priv­i­legien sind sehr stark auf den Auto­mo­bil­bere­ich fokussiert, Regelun­gen für elek­trische Zweiräder und Leichtkraft­fahrzeuge zur Förderung mul­ti­modaler Verkehrs­ket­ten fehlen gän­zlich«, kri­tisiert Sigl weit­er. »Eine neue, zukun­ftsweisende Mobil­ität umfasst mehr als einen Tech­nolo­giewech­sel vom Ver­bren­nungs- zum Elek­tro­mo­tor. Elek­tro­mo­bil­ität sollte vielmehr als ein Baustein ein­er mul­ti­modalen Mobil­itäts­kette ver­standen wer­den, welche ver­schiedene Verkehrsträger sin­nvoll miteinan­der verknüpft und Nutzern eine kom­fort­able Kom­binierung mehrerer Verkehrsmit­tel ermöglicht.«
Neben der Förderung der Elek­tro­mo­bil­ität im PKW-Bere­ich und dem ÖPNV ist auch der Zweirad-Bere­ich von großer Bedeu­tung. Elek­trische Zweiräder kön­nen das Sprung­brett für den auto­mo­bilen Elek­tro­markt sein, die Verkehrsprob­leme der Innen­städte ver­ringern und Ver­trauen in die »neue« Tech­nolo­gie schaf­fen. Ins­beson­dere für Beruf­spendler kann dies eine attrak­tive und kli­mafre­undliche Alter­na­tive zum Pen­deln mit dem Pkw darstellen. »Voraus­ge­set­zt die Poli­tik ver­ste­ht es, rechtzeit­ig die rechtlichen und infra­struk­turellen Rah­menbe­din­gun­gen zu schaf­fen. Ver­sicherungspflichtige elek­trische Zweiräder wie eBikes, eRoller oder S‑Pedelecs wer­den in dem Geset­ze­sen­twurf lei­der über­haupt nicht berück­sichtig. Auch vier­rä­drige Leichtkraft­fahrzeuge bis 45 km/h – wie etwa der Renault Twizy – bleiben unberück­sichtigt. Vielmehr han­delt es sich ganz wesentlich um ein reines Auto­mo­bilge­setz«, erk­lärt der BEM-Präsi­dent und macht deut­lich, dass hier noch einige Anpas­sun­gen vorgenom­men wer­den müssen: »Aktuell wirk­lich bedeut­same The­men, wie etwa der Auf­bau ein­er flächen­deck­enden Schnell-Lade­in­fra­struk­tur ent­lang wichtiger Verkehrsach­sen, der Auf­bau ein­er öffentlichen Lade­in­fra­struk­tur für Lat­er­nen­park­er und eine Beschaf­fungsini­tia­tive der öffentlichen Hand wer­den bis dato gar nicht im Geset­ze­sen­twurf thematisiert.«
Kri­tik übt BEM-Präsi­dent Kurt Sigl nicht nur an den Inhal­ten des Geset­ze­sen­twurfs son­dern auch an der Vorge­hensweise bei der Entste­hung: »Es ist nicht nachvol­lziehbar, warum die involvierten Branchen­ver­bände nicht bere­its im Vor­feld im Rah­men kon­struk­tiv­er Arbeits­grup­pen in die Ausar­beitung des Geset­ze­sen­twurfs mit ein­be­zo­gen wor­den sind«, betont Sigl und gibt zu ver­ste­hen, dass seit­ens der Min­is­te­rien wohl kein inhaltlich­es Feed­back erwün­scht war: »Den Branchen­ver­bän­den wurde zwar die Möglichkeit ein­er offiziellen Stel­lung­nahme eingeräumt, der zeitliche Rah­men war mit zwei Wochen inner­halb der Urlaub­szeit jedoch deut­lich zu knapp bemessen. Es wird Zeit, dass die Wach­s­tums­branche rund um das The­ma Neue Mobil­ität mehr Gehör erhält. Nur so lässt sich das Ziel der Bun­desregierung bis 2020 noch realisieren.«
Die offizielle Stel­lung­nahme des Bun­desver­bands eMo­bil­ität zum Entwurf des Elek­tro­mo­bil­itäts­ge­set­zes inklu­sive aller kri­tis­chen Anmerkun­gen und Ergänzungsvorschläge find­en Sie ⇢ hier als PDF-Doku­ment. Für Rück­fra­gen rund um das Posi­tion­spa­pi­er ste­ht Ihnen BEM-Präsi­dent Kurt Sigl gerne jed­erzeit zur Ver­fü­gung. Bitte kon­tak­tieren Sie für Inter­view- oder Artike­lan­fra­gen die PR-Ref­er­entin Juliane Girke.
Über den Bun­desver­band eMo­bil­ität e.V. (BEM)
Der Bun­desver­band eMo­bil­ität set­zt sich dafür ein, die Mobil­ität in Deutsch­land mit dem Ein­satz Erneuer­bar­er Energien auf Elek­tro­mo­bil­ität umzustellen. Zu den Auf­gaben des BEM gehört die Verbesserung der geset­zlichen Rah­menbe­din­gun­gen für den Aus­bau der eMo­bil­ität als nach­haltiges, zukun­ftsweisendes und inter­modales Mobil­ität­skonzept sowie die Durch­set­zung ein­er Chan­cen­gle­ich­heit bei der Umstel­lung auf Elek­tro­mo­bil­ität. Um diese Ziele zu erre­ichen, ver­net­zt der BEM die Akteure aus Wirtschaft, Poli­tik und Medi­en miteinan­der, fördert die öffentliche Wahrnehmung für eine Neue Mobil­ität und set­zt sich für die nöti­gen infra­struk­turellen Verän­derun­gen ein.
Pressekon­takt
Juliane Girke
PR-Referentin
Bun­desver­band eMo­bil­ität e.V
Fon 030 3464 950 92
juliane.girke@bem-ev.de
Bei Veröf­fentlichung wird um ein Belegex­em­plar gebeten.

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