Zweirad-eMobilität im Fokus

Während die Fach­welt noch darüber disku­tiert, ob und wann die Elek­tro­mo­bil­ität unsere auto­mo­bile Fort­be­we­gung rev­o­lu­tion­ieren wird, haben sich in den let­zten Jahren fast unbe­merkt Elek­trozweiräder auf dem deutschen Markt etabliert.
Die Branche rech­net für 2012 in Deutsch­land mit 450.000 eBike-Käufern, sat­te 50 Prozent Zuwachs im Ver­gle­ich zum Vor­jahr. Ins­ge­samt wer­den wir dieses Jahr 1 Mil­lio­nen eBikes auf deutschen Straßen sehen. Neben den Nieder­lan­den und der Schweiz ist Deutsch­land hier­mit tat­säch­lich so etwas wie ein Leit­markt, zumin­d­est in Europa und der lukra­tivste weltweit.
Längst ist das Elek­tro­rad aus der Reha-Ecke gefahren und vor­bei sind die Zeit­en, als Ped­elecs abfäl­lig als Bewe­gung­shil­fe für Senioren verspot­tet wur­den. Über 1.600 ver­schiedene Mod­elle aller Bau­for­men, hergestellt von ca. 100 ver­schiede­nen Her­stellern allein auf dem deutschen Markt zeu­gen von einem pros­perieren­den und sehr leb­haften Markt abseits von Sub­ven­tio­nen, Mod­ell­re­gio­nen, Leucht­tür­men und Schaufen­stern. Und das hat gute Gründe.
Das herkömm­liche Fahrrad ist mit großem Abstand das wichtig­ste Verkehrsmit­tel der heuti­gen Welt und das ökol­o­gis­chste dazu. 2010 zählte der Bestand an unmo­torisierten Fahrrädern in Deutsch­land 69 Mil­lio­nen, also deut­lich mehr als die rund 40 Mil­lio­nen Pkw, die jährlich allein hierzu­lande 65.601 Mil­lio­nen Liter Treib­stoff in 170 Mil­lio­nen Ton­nen CO2 ver­wan­deln.* Mehr als 50% aller zurück­gelegten Wege in deutschen Städten betra­gen weniger als 5 km und wären damit prädes­tiniert für das Fahrrad. Mit dem eBike erhöht sich der mögliche Radius jedoch beträchtlich. 30 bis 50 km sind immer mit elek­trisch­er Unter­stützung zu erre­ichen, einige Mod­elle schaf­fen gar bis zu 200 km mit ein­er Akku-Ladung — und das müh­e­los ohne schweis­streiben­den Kör­pere­in­satz. Mit dieser Reich­weite erhöht sich die mögliche Nutzung von eBikes in der Nahdis­tanz erhe­blich, so dass Streck­en zurück­gelegt wer­den kön­nen, für die bis­lang das Auto oder besten­falls der ÖPNV genutzt wird.
Grund genug die ver­schiede­nen Arten von eBikes ein­mal näher vorzustellen: Die wichtig­ste Gruppe sind die Ped­elecs, was für Ped­al Elec­tric Cycle steht.**
Durch das Treten in die Ped­ale wird die elek­trische Unter­stützung her­beige­führt. Rechtlich ist es ein Fahrrad und ohne Führerschein und Ver­sicherung zu bewegen.***
Die Motor­leis­tung ist auf 250 Watt beschränkt, die elek­trische Unter­stützung endet bei 25 km/h.
S‑Pedelecs wer­den bis zu 45 km/h elek­trisch unter­stützt und diese sind Kleinkrafträder mit dem Kürzel L1e, was einem Mofa oder Moped entspricht. Hier liegt die max­i­male Nenn-Dauer­leis­tung bei 500 Watt und es ist eine Betrieb­ser­laub­nis oder Einzelzu­las­sung vom KBA erforder­lich. Mofakennze­ichen und die jährliche Ver­sicherung in Höhe von 60–70 Euro sind vorgeschrieben. Im Gegen­satz zu Ped­elecs dür­fen S‑Pedelecs innerorts keine Rad­wege benutzen und es beste­ht inzwis­chen die Pflicht einen »angemesse­nen« Helm zu tragen.
Die let­zte Gat­tung ist das »echte« eBike, wobei zwis­chen eBike 20 und eBike 45 unter­schieden wird. Das eBike 20 ist verkehrsrechtlich gese­hen ein Leicht­mo­fa, welch­es auch ohne Treten, also mit­tels »Strom­drehgriff« bis 20 km/h rein elek­trisch fährt, aber in Deutsch­land helm­frei zu fahren ist. Das eBike 45 gilt als Kleinkraftrad und erfordert ein Min­destal­ter von 15 Jahren, eine Mofa-Prüf­bescheini­gung, ein Ver­sicherungskennze­ichen und eine Betrieb­ser­laub­nis. Ein eBike 45 darf nur mit einem »angemesse­nen« Helm gefahre­nen wer­den. Der Begriff eBike wird häu­fig als Ober­be­griff für alle Arten benutzt. Elek­tro­rad, Hybrid-Rad, Elek­tro-Velo, eRad sind weit­ere Beze­ich­nun­gen für oben Beschriebene. Der deutsche Verkehrs­gericht­stag hat let­ztes Jahr die neuen Begrif­flichkeit­en Ped­elec 25 und Ped­elec 45 einge­führt, die sich bis­lang aber nicht durchge­set­zt haben.
Mit Preisen ab 1.700 Euro und ohne nen­nenswerte Unter­halt­skosten haben Ped­elecs gute Karten als Lifestyle-Pro­duk­te einen erhe­blichen Teil der heute üblichen Aut­o­fahrten zu erset­zen. Ein Blick auf die Mod­ell­palette führen­der Her­steller zeigt, dass im Gegen­satz zu den Anfangsta­gen deut­lich jün­geres Pub­likum ange­sprochen wird.
Ped­elecs und eBikes schaf­fen Neue Mobil­ität, nach­haltig und CO2-frei, wenn sie mit Erneuer­baren Energien betrieben wer­den. Erset­zen sie Aut­o­fahrten, reduzieren sie dazu den Ver­brauch an knap­pen fos­silen Ressourcen. Ped­elecs sparen natür­lich auch Kosten: 100 km ver­brauchen weniger als eine Kilo­wattstunde Strom, soviel wie 3 Minuten warm duschen. Durch regelmäs­sige Bewe­gung auf dem Ped­elec gibt es Gratis-Aus­dauer­train­ing noch dazu und der gesund­heitlich pos­i­tive Aspekt punk­tet zusät­zlich. Last-but-not-least: eBike fahren macht wirk­lich Spaß.
* Quelle: Bun­desmin­is­teri­um für Verkehr, Bau und Stad­ten­twick­lung (Hrsg.): Verkehr in Zahlen 2009/2010 // Quelle: Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Tech­nolo­gie Gesam­taus­gabe der Energiedat­en vom 15.08.2011
** Der Begriff wurde 1999 erst­ma­lig von Susanne Brüsch in ihrer Diplo­mar­beit geprägt.
*** Eine Aus­nahme gibt es: Hat das Ped­elec eine Anfahr- oder Schiebe­hil­fe muss der Fahrer min­destens 15 Jahre alt sein und eine Mofa-Prüf­bescheini­gung besitzen. Für nach dem 13.03.1965 Geborene, reicht auch der Pkw- oder Motorrad-Führerschein.
Frank Rosmann
Freier Autor, Blog­ger, E‑Mobility Consultant

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