Sagen Sie mal: Kurt Sigl

Artikel erschienen in Energie & Man­age­ment / 15. März 2017
Herr Sigl, kann das dem­nächst anlaufende Mil­lio­nen­pro­gramm der Bun­desregierung zur Förderung von Ladesäulen die eMo­bil­ität in Schwung bringen?
Nach schi­er end­los­er Prü­fung hat die EU das deutsche Förder­pro­gramm für Lade­in­fra­struk­tur nun endlich genehmigt. Bis 2020 ste­hen ins­ge­samt 300 Mil­lio­nen Euro für den Auf­bau von 15.000 Ladesäulen bere­it. Förder­vo­raus­set­zung ist, dass die Ladesäulen öffentlich zugänglich sind und mit Strom aus erneuer­baren Energien betrieben wer­den. Angesichts der immer noch sehr großen Lück­en inner­halb des bun­desweit­en Ladenet­zes ist das Bun­des­förder­pro­gramm grund­sät­zlich zu begrüßen. Kri­tisch sehen wir jedoch die aktuelle Umset­zung im Verkehrsmin­is­teri­um: Pri­vate Inve­storen, Städte und Gemein­den hat­ten zulet­zt nur grob zwei Wochen Zeit, um die entsprechen­den Förder­anträge für die erste Ver­gaberunde einzure­ichen. Ein Und­ing, wenn man mit den För­der­mit­teln nicht nur die großen Play­er unter­stützen möchte.
Wo sind öffentliche Ladesäulen am drin­gend­sten erforderlich?
Der bedarf­s­gerechte Auf­bau ein­er flächen­deck­enden Lade­in­fra­struk­tur ist wichtig für die weit­ere Entwick­lung der Elek­tro­mo­bil­ität. Ins­beson­dere an öffentlichen Orten, an denen die Kun­den sowieso länger ver­weilen, ist der Auf­bau sin­nvoll. In Frage kom­men zum Beispiel Super­märk­te, Einkauf­szen­tren oder auch Baumärk­te. In einem ersten Schritt bet­rifft das erst ein­mal die Bal­lungsräume, da auf dem Land primär über Nacht in der heimis­chen Garage geladen wer­den kann. Aber auch hier wird der Bedarf an Lade­in­fra­struk­tur zunehmend wach­sen. Das sollte beim weit­eren Aus­bau berück­sichtigt wer­den. Und nicht nur bei der Pla­nung der näch­sten Stan­dorte sollte kün­ftig mit etwas mehr Weit­blick agiert wer­den, als das bis dato der Fall ist. Was momen­tan zu beobacht­en ist, sind Insel­lö­sun­gen, die häu­fig nicht miteinan­der kom­pat­i­bel sind. Vor allem bei der Bezahlung wer­den die Kun­den aktuell an den Rand ihrer Geduld gebracht. Um als Elek­troaut­o­fahrer beispiel­sweise in Berlin im gesamten Stadt­ge­bi­et laden zu kön­nen, benötigt man min­destens fünf ver­schiedene Ladekarten von unter­schiedlichen Anbi­etern. Benutzer­fre­undlich ist das nicht. Dabei gibt es bere­its heute zahlre­iche Bezahllö­sun­gen, die hier Abhil­fe schaf­fen könnten.
Was müssen Auto­bauer dazu beitra­gen, mehr Käufer von der Elek­tro­mo­bil­ität zu überzeu­gen und die Ladesäulen auszulasten?
Der fehlende Wille der deutschen Autoin­dus­trie, sich auf eine neue Tech­nolo­gie wie die Elek­tro­mo­bil­ität wirk­lich einzu­lassen und das Fes­thal­ten an Alt­bekan­nten haben die Entwick­lung wesentlich aus­ge­bremst. So hart es für eine Auto­mo­bilin­dus­trie wie Deutsch­land auch klin­gen mag: Die deutschen Auto­mo­bil­her­steller haben den Tech­nolo­giewan­del ver­schlafen. Ein wichtiger Impuls seit­ens der Auto­mo­bil­her­steller wäre die richtige Schu­lung ihrer Autoverkäufer, denn die ver­schreck­en mit ihrem Halb­wis­sen und ihrer Ablehnung von Elek­tro­mo­bil­ität poten­ziell inter­essierte Elek­troau­to-Käufer. Wir haben das mehrfach getestet. Wenn Sie aktuell in ein Auto­haus gehen und expliz­it nach einem Elek­troau­to fra­gen, wer­den Sie erschrock­en angeschaut. Ein Elek­troau­to? Warum wollen Sie sich das denn antun? Und im näch­sten Atemzug haben Sie das Ange­bot eines Ver­bren­ners inklu­sive sat­tem Rabatt in der Hand. So verkauft sich natür­lich auch das Elek­troau­to zum wet­tbe­werb­s­fähi­gen Preis nicht.

Nach oben