Intelligentes Stromnetz

Markus Emmert, wiss. Beirat im BEM und Geschäftsführer der ComBInation GmbH im Gespräch mit BEM-Vorstand Christian Heep.
Im Zuge der Mobilitätswende wird die Elektromobilität weitreichende Auswirkungen auf die Energie-, Informations- und Kommunikationsbranche haben. Ein intelligentes Stromnetz kann eFahrzeuge sinnvoll in das Stromversorgungs-System einbinden und so einen Beitrag zu einem aktiven Energiemanagement leisten. Stichwort mobile Speicher. Herr Emmert, wie müssen eAutos zukünftig mit dem Stromnetz interagieren, um die Netzstabilität nicht zu gefährden und wie kann eine Neue Mobilität ihren Beitrag zur besseren Integration Erneuerbarer Energien leisten?
Emmert: Wir müssen heute den Grundstein dafür legen, dass in Zukunft das Laden einer großen Anzahl Elektrofahrzeuge keine Überlastungen im Stromverteilnetz verursacht. Eine dauerhafte Gewährleistung von Netzstabilität auch bei sehr vielen gleichzeitigen Ladevorgängen ist nur durch ein gesteuertes Laden mit SGready®-Eigenschaft zu erreichen. Dies setzt intelligente Steuerungsmechanismen auf Netz- und Fahrzeugseite voraus. So können eFahrzeuge bei hoher Stromverfügbarkeit flexibel geladen werden und damit insbesondere die Erzeugungslast zum Beispiel der Photovoltaik in den Mittagsstunden oder der schwankenden Windenergie sinnvoll kompensieren. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die mobilen Speicher der eAutos bei Strombedarf als zusätzliche Stromreserve einzusetzen und die gespeicherte Energie wieder ins Netz abzugeben, um damit ein Teil des Energienetzes zu werden. Dieser bidirektionale Ladevorgang setzt Vehicle-to-Grid-Fahrzeuge voraus. Damit besteht auf Verbraucherseite die Möglichkeit, günstigen Strom bei hoher Verfügbarkeit zu speichern und bei Bedarf mit einem Mehrwert wieder einzuspeisen. Diese schnell verfügbaren Puffer können somit nicht nur geldwerte Vorteile erwirtschaften, lastvariable Stromtarife vorausgesetzt, sondern leisten insgesamt einen wichtigen energiewirtschaftlichen Beitrag zur Steigerung der Netzstabilität.
Also gilt es doch, die eMobilität als mobilen Speicher mit der Erzeugung von volatilem, dezentral erzeugtem Strom aus Erneuerbaren Energien zu koppeln?
Emmert: Ja. Denn so sorgt die Elektromobilität nicht nur für einen Lastausgleich im Netz, sondern das »eFahrzeug« kann dadurch Geld verdienen und wird somit einen wesentlich wichtigeren Stellenwert im Bewusstsein der Verbraucher einnehmen als herkömmliche Fahrzeugtechnologien. Mit dieser Vergütung von zurückgespeistem Strom schafft das SmartGrid der Zukunft in Verbindung mit dem Vehicle-to-Grid-Konzept zudem einen Anreiz dafür, Elektrofahrzeuge möglichst häufig mit der Ladeinfrastruktur zu verbinden.
Bedeutet das, dass der Fahrzeugbesitzer dem Netzbetreiber die zentrale Kontrolle über die Lade- und Entladevorgänge überlassen muss, um einen möglichst effizienten Funktionsbetrieb zu gewährleisten?
Emmert: Das SmartGrid darf keine Einbahnstraße werden. Es ist wichtig, die Verbraucher umfassend zu informieren, Zusammenhänge deutlich zu machen und Anreize für eine aktive Teilnahme am SmartGrid transparent zu erklären. Gleichzeitig muss eine Wahlfreiheit berücksichtigt werden, die es dem Nutzer erlaubt, den Einsatz SGready®-fähiger Produkte zu definieren und zu kontrollieren, gegebenenfalls auch zu deaktivieren.
Im Sinne der Neuen Mobilität ist natürlich auch die realistische Umsetzbarkeit. Gerade was das intelligente Stromnetz, SGready®-Eigenschaften, intelligentes und sogar bidirektionales Laden anbelangt, lässt sich viel darüber lesen und vereinzelt in Pilotprojekten auch wiederfinden. Doch wann und wie kann die eMobilität mit einer flächendeckenden Umsetzung, bzw. Lösung rechnen?
Emmert: Das ist genau der Punkt. An der Technologie, bzw. den technologischen Möglichkeiten wird es nicht scheitern. Lassen Sie es mich so erklären: Was würde aktuell ein intelligentes Stromnetz bringen, wenn wir noch nicht in der Lage sind damit umzugehen? Schließlich ist es nicht nur wichtig, Strom intelligent lenken zu können, was größtenteils heute schon machbar wäre, sondern vielmehr entscheidend ist, zu wissen wann, wo und in welchen Mengen Strom benötigt wird – bestenfalls im Voraus. Das setzt jedoch intelligente Kommunikation und Informationstechnologien (IKT) sowie ein BigData-Management voraus.
Im Klartext bringt uns das intelligente Stromnetz also erst dann den gewünschten Effekt, wenn ausreichend SGready®-Produkte, wie z.B. Speicher, eFahrzeuge, Elektronikgeräte, Energieerzeugungsanlagen etc. am Markt vorhanden sind.
Emmert: Die SGready®-Eigenschaft (IKT sowie Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) ermöglicht Mehrwerte weit über das SmartGrid-Thema hinaus, so dass es bereits heute attraktiv ist, solche Produkte, neben der Zukunftsinvestition, zu erwerben. Darüber hinaus könnte der Verbraucher bereits jetzt schon bemerkenswert seine Stromkosten durch lastvariable Stromtarife senken. Ein erster Schritt sind sicherlich die zeitgesteuerten Stromtarife (HT/NT); doch schon bald sind lastvariable SGready®-Stromtarife verfügbar und somit ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung dieser Themen. Bidirektionale Lademöglichkeiten, sowohl bei den Einspeisepunkten als auch in den eFahrzeugen, werden dann am Markt den nötigen Beitrag leisten.

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