Chancen und Risiken des Technologiewandels

Der Wan­del zur Elek­tro­mo­bil­ität ist im vollem Gange. Längst wer­den erste Serien­fahrzeuge aus­geliefert, Flot­ten getestet sowie Konzepte umge­set­zt, die die Umstel­lung auf die Tech­nolo­gie vorantreiben. Mehr als 80 Prozent der Teil­nehmer ein­er Umfrage, die im Rah­men der Befragten der Capgem­i­ni E‑Mobility Studie durchge­führt wurde, sehen die Elek­tro­mo­bil­ität gar als Zukun­ft der Auto­mo­bil­branche. Das Inter­es­sante daran ist, Tech­nolo­gi­etreiber sind eher die »Kleinen«, die »Neuen«, die Unbekannten.
Nicht nur Tech­nolo­gie und Konzepte sind der Verän­derung unter­wor­fen, auch die etablierten Struk­turen der Auto­mo­bil­branche, des gesamten Wertschöp­fungsnet­zw­erkes wan­deln sich. Neue Part­ner­schaften wer­den gegrün­det, um sich den Her­aus­forderun­gen zu stellen und vor­mals unbeteiligte Unternehmen erhal­ten Ein­tritt in den Markt. Neuar­tige Ladekonzepte wer­den mitunter von Net­z­be­treibern entwick­elt und in den Forschungsabteilun­gen von Chemie­un­ternehmen entste­hen neue Bat­te­rien. Heutige Mark­t­führer sind gezwun­gen, mit neuen Play­ern zu konkur­ri­eren und in vie­len Bere­ichen umzu­denken oder von Neuem zu beginnen.
Diese Sit­u­a­tion lässt sich dur­chaus mit ver­gan­genen Tech­nolo­giewan­deln ähn­lichen Aus­maßes ver­gle­ichen, so die Aus­gangslage für die Capgem­i­ni E‑Mobility Studie. So wur­den vor 125 Jahren die Kutschen­her­steller mit der Erfind­ung des Ver­bren­nungsmo­tors kon­fron­tiert. Keines der ehe­ma­li­gen Kutsche­nun­ternehmen wurde ein erfol­gre­ich­es Auto­mo­bilun­ternehmen, der Umstieg scheit­erte meis­tens schon in den Anfän­gen. Keines kam auf die Idee, den Motor von Got­tlieb Daim­ler in die eigene Kutsche einzubauen.
Analy­sen von ähn­lichen Tech­nolo­giewech­seln in der Schreibmaschinen‑, Loko­mo­tiv­en- oder der Mobil­tele­fonin­dus­trie zeigten ähn­liche Ergeb­nisse. Auch heute ist dieses Phänomen zu beobacht­en. Der ehe­ma­lige Mark­t­führer für analoge Kam­er­afilme, Kodak, meldete vor Kurzem Insol­venz an und rei­ht sich somit in die Liste der­er ein, denen Tech­nolo­giewech­sel zum Ver­häng­nis wur­den. Die Studie von Capgem­i­ni zeigt, dass all diese Branchen und deren Unternehmen ein gemein­sames Fehler­muster aufweisen. Vor allem fehlt der Wille zu radikalen Änderun­gen, die nicht nur die Pro­duk­tion und Pro­duk­te betr­e­f­fen, son­dern auch das Unternehmen selb­st. Die Abhängigkeit von alten Tech­nolo­gien und der fehlende Glaube an neue Entwick­lun­gen lähmten die Inno­va­tion­skraft, ließen Part­ner­schaften fehlschla­gen, ver­hin­derten den rechtzeit­i­gen Blick für sich anbah­nende Tech­nolo­giewan­del und trübten das Ver­ständ­nis des wahren Nutzens der neuen Tech­nolo­gie. Spät begann eine kost­spielige Aufhol­jagd, die meist in den falschen Pro­duk­ten endete und den Kun­den nicht überzeu­gen konnte.
Die Unter­suchun­gen zeigen, dass eine etablierte Mark­t­po­si­tion keine Garantie für einen erfol­gre­ichen Tech­nolo­giewan­del ist. Vielmehr behin­dert sie die Umstel­lung auf neue Tech­nolo­gien und trübt den Blick auf das Wesen der neuen Tech­nik. Zu empfehlen ist daher, in eine Forschung & Entwick­lung zu investieren, die unab­hängig von Unternehmensstrate­gie und ‑struk­tur ist, und die besten­falls in abge­tren­nten Organ­i­sa­tio­nen nach neuen Pro­duk­ten und Geschäftsmod­ellen sucht. Auch die Iden­titäts­frage spielt eine große Rolle während eines Tech­nolo­giewan­dels. Welche Posi­tion nimmt das Unternehmen im neuen Markt ein? Welche Kom­pe­ten­zen kann es trans­ferieren und ein­set­zen, um wet­tbe­werb­s­fähig zu bleiben? Dies impliziert eben­so die Abtren­nung von Kom­pe­ten­zen, die nicht mehr rel­e­vant sind.
Auch Offen­heit gegenüber Part­ner­schaften und die richtige Part­ner­wahl entschei­den über einen erfol­gre­ichen Über­gang, wobei Koop­er­a­tio­nen den Wis­sensauf­bau erle­ichtern und beschle­u­ni­gen. Der Wille, sich zu inte­gri­eren und eben­bür­tige Part­ner­schaften zu akzep­tieren, hil­ft, nicht die Rel­e­vanz für den Markt zu ver­lieren. Viele Auto­mo­bil­her­steller sind dafür anfäl­lig, da Ihnen offene Part­ner­schaften in den Kern­bere­ichen fremd sind.
Nicht zulet­zt entschei­det der Kunde darüber, ob ein Pro­dukt am Markt angenom­men wird. Daher ist es eben­so wichtig, ob der wahre Nutzen der neuen Tech­nolo­gie erkan­nt und auch durch die eige­nen Entwick­lun­gen unter­stützt wird. Das erhöht die Akzep­tanz des Kun­den und eine Umstel­lung auf die neuen Pro­duk­te wird wahrschein­lich­er. Viele aktuelle Beispiele aus der Unter­hal­tungsin­dus­trie zeigen, dass nicht Tech­nolo­gie die Kun­den überzeugt, son­dern deren ein­fache Nutzung.
Nie­mand sah vor 125 Jahren die Zukun­ft der Fort­be­we­gung im Auto­mo­bil, dies sollte mehreren Welt­mark­t­führern zum Ver­häng­nis wer­den. »Als würde plöt­zlich ein Ufo lan­den«, beschreibt Angela Elis in ihrer Biogra­phie von Bertha Benz die Reak­tion auf die erste Fahrt des Autos von Carl Benz.
Schon Hen­ry Ford erkan­nte den Trugschluss viel­er Kutschen­her­steller: »Wenn ich die Men­schen gefragt hätte, was sie wollen, hät­ten sie gesagt schnellere Pferde.« Eben­so wenig geht es in der Elek­tro­mo­bil­ität um ein besseres Auto, son­dern vielmehr um Mobil­ität. Das Auto selb­st ver­liert an Relevanz.
Kai Olaf Dammen­hain // Marc Stiller
Capgemini
www.de.capgemini.com

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