Macht und Einfluss im Kreis der 12 Apostel

Im bib­lis­chen Ver­ständ­nis nach Markus und Lukas han­delt es sich bei den zwölf Apos­teln um die Jünger von Jesus Chris­tus, die er selb­st auswählte und ein­set­zte. Dieser ver­traute Kreis Ler­nen­der wurde nach Jesu Aufer­ste­hung und Him­melfahrt von ihm als Verkün­der des Evan­geli­ums aus­ge­sandt und for­t­an als Apos­tel, als Gesandte beze­ich­net.

Im Gegen­satz zum christlichen His­to­rien­ver­ständ­nis der Beru­fung durch einen Einzel­nen, haben wir als Volk gemein­sam unsere poli­tis­che Führung zu ver­ant­worten und müssen mit unseren Wahlentschei­dun­gen im 4‑Jahres-Rhyth­mus mehr oder weniger klar kom­men. Damit haben wir zumin­d­est indi­rekt, bzw. hypo­thetisch, die Geschicke unser­er Welt selb­st in der Hand.

Von unseren poli­tis­chen Volksvertretern erwarten wir entsprechend auch nichts Gerin­geres als die gewis­senhafte Vertre­tung unser­er aller Inter­essen. Damit ist der Quer­schnitt aller Inter­essen aller Wahlberechtigten gemeint; verteilt auf die entsprechen­den Parteien und deren Wahl­pro­gram­matik. Im all­ge­meinen Sprachge­brauch beze­ich­nen wir das als Demokratie und hal­ten es für eine große zivil­isatorische Errun­gen­schaft. Bezüglich eines weit­er­führen­den Diskurs­es über die Funk­tion­sweise des poli­tis­chen Appa­rates möchte ich an dieser Stelle auf hon­ori­erte Quellen ver­weisen, in deren Argu­men­ta­tion ich mich an dieser Stelle nicht ver­suchen möchte.

Vielmehr möchte ich eine Fragestel­lung for­mulieren, bzw. anhand ein­er These, ich nenne sie die »12 Apos­tel« eine sich umkehrende Bewe­is­führung ver­suchen. Sicher­lich wer­den wir final keine zufrieden­stel­lende Blau­pause für die Prob­leme und Missstände unser­er Welt erhal­ten.. Wom­öglich aber eine Sichtweise, die unseren Stand­punkt in Bezug auf ver­schiedene Fragestel­lun­gen in einem anderen Licht erscheinen lässt und die in der Lage ist, die Frageze­ichen in unseren Köpfen ein wenig zu rel­a­tivieren.

These: Stellen Sie sich vor, wir hät­ten die Möglichkeit, sagen wir zwölf ambi­tion­ierte Per­sön­lichkeit­en auszuwählen, die in der Summe ihrer ver­schiede­nen Eigen­schaften max­i­mal geeignet wären, sich im Sinne ein­er konkreten Zielfor­mulierung für eine tat­säch­lich lösung­sori­en­tierte Umset­zung einzuset­zen und diese wür­den nun an den dafür notwendi­gen Posten einge­set­zt und hät­ten die Frei­heit und die Möglichkeit alle erforder­lichen Maß­nah­men untere­inan­der zu koor­dinieren und einzuleit­en.

Nicht irgendwelche zwölf, son­dern Per­so­n­en, die in ihren jew­eili­gen Tätigkeit­en, Funk­tio­nen und wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Ein­flusssphären an eben den sig­nifikan­ten Stellen sitzen, von denen aus sie in der Lage wären, ihre Ideen und konkreten Vorhaben in ihren Struk­turen zu ver­bre­it­en, einzu­fordern, bzw. die für die jew­eilige Prob­lem­stel­lung erforder­lichen Maß­nah­men zu ver­an­lassen und zu ver­ant­worten. Das tat­säch­liche Vorhaben ist in diesem Kon­text nicht von Bedeu­tung, da das über­ge­ord­nete Prinzip der Schlüs­sel ist, um erfol­gre­ich Zielfor­mulierun­gen umzuset­zen. Allerd­ings eignet sich der The­menkom­plex der Energie- und Mobil­itätswende her­vor­ra­gend, um die These zu ver­an­schaulichen.

Welche Posi­tio­nen wären also zum Beispiel für die erfol­gre­iche Etablierung ein­er Neuen Mobil­ität auf Basis Erneuer­bar­er Energien zu beset­zen..? Oder schauen wir uns doch erst ein­mal an, wer wom­öglich derzeit Spiel­mach­er in den organ­i­sa­tionellen Struk­turen in Deutsch­land ist, bzw. sein kön­nte..?

Das Umwelt- sowie das Wirtschafts- und Energiem­i­nis­teri­um mit Dr. Bar­bara Hen­dricks und Sig­mar Gabriel, das Verkehrsmin­is­teri­um mit Alexan­der Dobrindt, die Auto­mo­bil­wirtschaft mit Prof. Dr. Mar­tin Win­terko­rn, Fer­di­nand Piëch, Dieter Zetsche und Nor­bert Rei­thofer, die Energiev­er­sorg­er mit Dr. Johannes Teyssen, Peter Teri­um und Dr. Frank Mas­ti­aux sowie die Medi­en mit der Ber­tels­mann Stiftung oder der Springer­presse. Und natür­lich würde dieser Lenkungskreis durch Angela Merkel sicher­lich eine große Bere­icherung erfahren und von ein­er poli­tisch durch­set­zungsstarken Führungsrolle enorm prof­i­tieren.

Der bere­its in den 90er Jahren unter­nommene Vorstoß in Rich­tung Elek­tro­mo­bil­ität mit dem Rügen-Pro­jekt und unser­er Kan­z­lerin als dama­lige Bun­desumwelt­min­is­terin würde im Kon­text dieser the­o­retis­chen Reise sicher­lich nicht bere­its knapp 20 Jahre erfol­g­los zurück­liegen. Allerd­ings möchte ich anmerken, dass ein­er­seits Zeit­geist und Tech­nik heute weit­er sind und ander­er­seits, dass es wichtig ist, zu ver­ste­hen, dass die These eben nicht von Einzelver­ant­wortlichen aus­ge­ht, son­dern von ein­er Gemein­schaft gle­ich­er Inter­essen, die sich an den entschei­den­den Stellen gemein­sam einem Ziel nähert. Die These will zeigen, dass selb­st eine sehr kleine Per­so­n­e­nan­zahl the­o­retisch und in ein­er Einzel­be­tra­ch­tung dur­chaus in der Lage ist den Sta­tus Quo zu verän­dern. Und zwar in die ver­meintlich gewün­schte Rich­tung, wie auch in jede Andere, die diese Gemein­schaft anstrebt. Die genan­nten Per­son­alien sind beispiel­haft zu ver­ste­hen. Bei näher­er Betra­ch­tung und Analyse der sich jew­eils gegen­seit­ig bedin­gen­den, unter­schiedlichen Ein­flussmöglichkeit­en wür­den jew­eils zwei der hochrangig­sten Vertreter aus den Bere­ichen Poli­tik, Ver­bände, Auto­mo­bil­wirtschaft, Energie und Medi­en wahrschein­lich aus­re­ichen, um die notwendi­ge ini­tiale Durch­set­zungskraft für ein Pro­jekt zu bün­deln.

So unter­stützt eben auch der Bun­desver­band eMo­bil­ität den ja bere­its begonnenen Prozess der Energie- und Mobil­itätswende und wirkt gemein­sam mit allen Ver­ant­wortlichen darauf hin, dass die Etablierung der Neuen Mobil­ität die gesamt­ge­sellschaftliche Bedeu­tung erhält, die ihr zuste­ht.

Zudem bin ich sich­er, dass in diesem apos­tolis­chen Kreis auch die ein oder andere Per­son sitzen müsste, die wir öffentlich noch gar nicht auf dem Schirm haben, bzw. die erst noch in Erschei­n­ung treten wird.

Zurück zur Sit­u­a­tion der Neuen Mobil­ität auf Basis Erneuer­bar­er Energien — ressourcenscho­nend, leise, sauber und zukun­fts­fähig. Von der Bun­desregierung aus­drück­lich gewün­scht, hoch und viel gelobt, gefördert, aufge­laden, region­al mobil­isiert und ver­schaufen­stert. Von der Auto­mo­bil­wirtschaft umge­set­zt und in Serie auf den Markt gekündigt. Von den Medi­en bejubelt, zer­ris­sen und har­mon­isiert, von der Gesellschaft erwartet und in Frage gestellt. Ein Ping-Pong-Spiel mit dem Prädikat »nicht zum Aushal­ten«.

Wo ste­hen wir aktuell..? 12.100 eFahrzeuge in Deutsch­land Anfang 2014. Knapp 17.000 zur Jahresmitte. Ein erschreck­endes, wenig beein­druck­endes und inter­na­tion­al eher beschä­mendes Endergeb­nis. Weit ent­fer­nt von der selb­st­for­mulierten Zielvor­gabe der Bun­desregierung, die zu Beginn der Mark­thochlauf­phase zum Ende des Jahres bere­its 100.000 Elek­tro­fahrzeuge angestrebt hat­te. Man mag es kaum glauben, aber zu Sil­vester kön­nen wir bere­its auf eine erfol­gre­iche Elek­tro­mo­bil­itätsstrate­gie anstoßen, um dann die guten Vorsätze im Jan­u­ar schnell wieder zu vergessen..

Aber wir haben uns alle ganz doll bemüht und kein­er soll nach­her sagen, wir hät­ten nicht alles in unser­er Macht ste­hende getan, um das zu ermöglichen.

Doch. Ich sage das. Amen.

Spie­len Sie das beispiel­haft gerne auch für andere Prob­leme ein­mal für sich durch. Wie würde sich der Gedanke auswirken, wür­den wir damit Missstände adressieren, die wir als Armut ken­nen, als Hunger..? Ist es in Zukun­ft wirk­lich weit­er­hin vertret­bar, dass eine zivil­isierte Gesellschaft diese höch­st­brisan­ten Missstände akzep­tiert..? Nein, sicher­lich nicht. Um der These zu fol­gen, sitzen wahrschein­lich ein­fach nur die falschen Per­so­n­en an den entsprechen­den Schlüs­sel­po­si­tio­nen. Das soll nicht heißen, dass es nicht eine große Anzahl Men­schen gibt, die sich hinge­bungsvoll diesen Auf­gaben wid­men. Allerd­ings wäre dieser Club der Willi­gen sehr viel erfol­gre­ich­er in seinem Wirken, würde er mit deut­lich mehr Ein­fluss agieren kön­nen.

Edi­to­r­i­al von Chris­t­ian Heep, Vize-Präsi­dent im Bun­desver­band eMo­bil­ität und Chefredak­teur der NEUEN MOBILITÄT / Aus­gabe 14 / Sep­tem­ber 2014

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