Elektromobilität — Beschaffung durch die öffentliche Hand

Angesichts derzeit im Ver­hält­nis zu herkömm­lichen Fahrzeu­gen noch hoher Kosten für Elek­tro­fahrzeuge kommt als Kunde ins­beson­dere die öffentliche Hand in Betra­cht, in erster Lin­ie also Bund, Län­der und Gemein­den aber beispiel­sweise auch deren Tochterge­sellschaften etwa in den Bere­ichen Stadtreini­gung, Abfal­l­entsorgung sowie kom­mu­nale Energiev­er­sorg­er und bes­timmte Forschungs­ge­sellschaften. Der öffentlichen Hand soll hier eine Vor­bild­funk­tion zukom­men. So sieht das am 06. Dezem­ber 2010 vom Staatssekretär­sauss­chuss für nach­haltige Entwick­lung beschlossene Maß­nah­men­pro­gramm etwa eine Verbesserung der Energieef­fizienz der Fuhrparks von Bun­desres­sorts und ‑Behör­den vor. Die Lan­desregierun­gen unter­stützen in unter­schiedlich­er Weise Pro­jek­te im Bere­ich der Elektromobilität.
Ver­gaberechtliche Bindungen
Europaweit gibt die öffentliche Hand ca. 1,5 Bil­lio­nen Euro jährlich für Waren und Dien­stleis­tun­gen aus. Mit ihrem Beschaf­fungs­bud­get hat die öffentliche Hand dur­chaus rel­e­van­ten Ein­fluss auf die Nach­frage und Entwick­lung nach­haltiger Pro­duk­te. Anders als pri­vate Auf­tragge­ber ist die öffentliche Hand jedoch bei der Ver­wen­dung ihrer Beschaf­fungs­bud­gets nicht frei. Bund, Län­der und Gemein­den müssen, eben­so wie andere Kör­per­schaften und Unternehmen, die als öffentliche Auf­tragge­ber zu qual­i­fizieren sind, bei der Auswahl ihrer Ver­tragspart­ner strenge Regeln beacht­en. Welche Bes­tim­mungen für den konkreten Beschaf­fungsvor­gang Anwen­dung find­en, richtet sich nach dem Beschaf­fungswert. Bei einem (Gesamt-)Bruttoauftragswert ober­halb eines Schwellen­wertes von 200.000 Euro kom­men die stren­geren Regeln des EU-Ver­gaberechts zur Anwen­dung. Diese auf EU-Recht beruhen­den Vorschriften find­en sich in den §§ 97 ff. des Geset­zes gegen Wet­tbe­werb­s­beschränkun­gen (GWB), den Bes­tim­mungen der Ver­gabeverord­nung (VgV) und den Vorschriften des Teils A der Ver­gabe- und Ver­trag­sor­d­nung für Leis­tun­gen, dort 2. Abschnitt (EG VOL/A). Für Aufträge unter­halb von 200.000 Euro Auf­tragswert gel­ten die Bes­tim­mungen des 1. Teils der VOL/A. Ver­gaberechtlich han­delt es sich jew­eils um Liefer­aufträge, gle­ich ob die Fahrzeuge gekauft, gemietet oder etwa im Wege des (Full-Ser­vice) Leas­ing erwor­ben werden.
Durchzuführen ist zwin­gend ein trans­par­entes Ver­gabev­er­fahren unter Beach­tung der Grund­sätze des Wet­tbe­werbs und der Gle­ich­be­hand­lung. Da die Leis­tun­gen hier hin­re­ichend ein­deutig und erschöpfend beschrieben wer­den kön­nen, wird die Ver­gabe in aller Regel im Wege eines förm­lichen Ver­gabev­er­fahrens erfol­gen müssen, d.h. unter­halb des Schwellen­wertes mit­tels Durch­führung ein­er öffentlichen Auss­chrei­bung und ober­halb des Schwellen­wertes im Wege des sog. Offe­nen Ver­fahrens. Der Schwellen­wert dürfte jedoch bere­its bei ein­er über­schaubaren Anzahl an zu beschaf­fend­en Fahrzeu­gen regelmäßig über­schrit­ten sein, und sei es unter Berück­sich­ti­gung weit­er­er, bei der Schwellen­wert­berech­nung mit zu berück­sichti­gen­der Kosten z.B. für Lade­in­fra­struk­tur oder Batterieleasing.
Anforderun­gen an die Verfahrensgestaltung
Der öffentliche Auf­tragge­ber unter­liegt umfan­gre­ichen rechtlichen Bindun­gen. Auf deren Ein­hal­tung haben die Bieter Anspruch. Dies gilt beispiel­sweise für das Gebot der Pro­dukt- und Her­stellerneu­tral­ität, wonach die Leis­tun­gen wed­er offen noch durch Beschrei­bung der tech­nis­chen Spez­i­fika­tio­nen auf bes­timmte Her­steller und Liefer­an­ten zugeschnit­ten sein dür­fen. Auch sind die Anforderun­gen an tech­nis­che und/oder Umwel­teigen­schaften im Einzel­nen zu spez­i­fizieren, so dass alle Bieter die Leis­tungs­beschrei­bung im gle­ichen Sinne ver­ste­hen kön­nen und die Ange­bote miteinan­der ver­gle­ich­bar sind. Ins­beson­dere für die Ange­botsab­gabe muss der Auf­tragge­ber den inter­essierten Unternehmen eine aus­re­ichend lang bemessene Frist ein­räu­men. Bei EU-weit­en Auss­chrei­bun­gen im offe­nen Ver­fahren beträgt diese bei elek­tro­n­is­chem Ver­sand der Bekan­nt­machung min­destens 45 Kalen­dertage. Die Zuschlagskri­te­rien, von denen bei der späteren Ange­botswer­tung nicht abgewichen wer­den darf, sind ein­schließlich ihrer Gewich­tung im Vor­feld hin­re­ichend trans­par­ent bekan­nt zu machen. Alleiniges Zuschlagskri­teri­um kann der niedrig­ste Preis sein, es kann aber auch etwa der Preis mit weit­eren, z.B. tech­nis­chen Kri­te­rien oder auch der Liefer­frist bew­ertet wer­den. Zum Zwecke der Eig­nung­sprü­fung kann der Auf­tragge­ber die Vor­lage von Nach­weisen zur Zuver­läs­sigkeit sowie zur wirtschaftlichen und fach­lich-/ tech­nis­chen Leis­tungs­fähigkeit ver­lan­gen. Hierzu zählen auch Angaben zu in der Ver­gan­gen­heit durchge­führten ver­gle­ich­baren Aufträ­gen (Ref­eren­zen). Diese kön­nen ger­ade New­com­ern mitunter eine Beteili­gung erschw­eren, wen­ngle­ich Ref­eren­zen prinzip­iell auch durch erbrachte Leis­tun­gen im Pri­vat­sek­tor nachgewiesen wer­den können.
Grund­la­gen erfol­gre­ich­er Beteiligung
Mit der rechtlichen Bindung des Auf­tragge­bers an die Ver­fahren­saus­gestal­tung kor­re­spondieren zahlre­iche Pflicht­en bzw. Obliegen­heit­en des Bieters. Dies gilt ins­beson­dere hin­sichtlich der in der Regel stark for­mal­isierten Anforderun­gen an die Ange­bots­gestal­tung und die mit dem Ange­bot vorzule­gen­den Unter­la­gen und Erk­lärun­gen. Spätere Ver­hand­lun­gen nach Ange­botsab­gabe sind im Ver­fahren der öffentlichen Auss­chrei­bung bzw. des offe­nen Ver­fahrens nicht zulässig.
Zunächst bedarf es ein­er hin­re­ichend frühen Ken­nt­nis der Beschaf­fungsab­sicht eines öffentlichen Auf­tragge­bers. Bei Aufträ­gen ober­halb des Schwellen­wertes beste­ht eine Pflicht zur EU-weit­en Veröf­fentlichung der Ver­gabebekan­nt­machung im EU-Amtsblatt.
Diese Bekan­nt­machun­gen sind sämtlich kosten­frei im sog. TED abruf­bar unter ⇢ http://ted.europa.eu. Gezielt nach eFahrzeu­gen gesucht wer­den kann dabei unter Angabe des CPV­Codes: 34144900–7. Nationale Bekan­nt­machun­gen sind über unter­schiedliche Dien­stleis­ter sowie auf den Ver­gabepor­tal­en des Bun­des (⇢ www.bund.de) oder der Län­der ein­se­hbar. Nach Auffind­en und Durch­sicht der Bekan­nt­machung sind zunächst die Ver­gabe­un­ter­la­gen beim öffentlichen Auf­tragge­ber anzu­fordern. Auf welchem Wege diese zur Ver­fü­gung gestellt wer­den, z.B. in Papier­form oder vol­lelek­tro­n­isch über eine Ver­gabeplat­tform, ist aus der Bekan­nt­machung ersichtlich. Ggf. geforderte externe Eig­nungsnach­weise, z.B. Unbe­den­klichkeits­bescheini­gun­gen des Finanz- oder kom­mu­nalen Steuer­amtes sowie Auszüge aus dem Gewer­bezen­tral­reg­is­ter, sind rechtzeit­ig und in der geforderten Form bei den zuständi­gen Stellen zu beschaf­fen. Während der Ange­bot­sphase sowie bei der Erstel­lung und Abgabe des Ange­botes sind zwin­gend die Vor­gaben des Auf­tragge­bers zu beacht­en. Für die Kom­mu­nika­tion mit dem Auf­tragge­ber sind auss­chließlich die hier­für vorge­se­henen Kom­mu­nika­tion­swege zu nutzen. Das Ange­bot muss bei der vom Auf­tragge­ber angegebe­nen Stelle inner­halb der Ange­bots­frist, in der vorge­se­henen Form, d.h. in ver­schlossen­em, entsprechend gekennze­ich­netem Umschlag und an der/den entsprechen­den Stelle(n) unterze­ich­net oder, sofern eine elek­tro­n­is­che Ange­botsab­gabe vorge­se­hen ist, mit der erforder­lichen Sig­natur, abgegeben wer­den. Sämtliche geforderten (ins­beson­dere Preis-) Angaben sind voll­ständig an der jew­eils hier­für vorge­se­henen Stelle zu machen. Zu beacht­en ist weit­er, dass die Ver­gabe­un­ter­la­gen keines­falls eigen­mächtig vom Bieter geän­dert wer­den dür­fen. Aus diesem Grunde soll­ten einem Ange­bot grund­sät­zlich keine eige­nen AGB beige­fügt werden.
Zusam­men­fassend ist zu sagen, dass die Abgabe eines wer­tungs­fähi­gen Ange­botes nicht dem Zufall über­lassen wer­den sollte.
Dr. Oliv­er Esch
Rechtsanwalt
Osborne Clarke
⇢ www.osborneclarke.de

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