Ein Rechtsrahmen für die Ladeinfrastruktur

Damit sich Deutsch­land wie von der Bun­desregierung gewollt zum Leit­markt für Elek­tro­mo­bil­ität entwick­eln kann, muss eine leis­tungs­fähige Lade­in­fra­struk­tur vorhan­den sein. Während die rechtlichen Hür­den auf Pri­vat­grund­stück­en eher ger­ing sind, wer­fen öffentlich zugängliche Sta­tio­nen mehr Fra­gen auf. Vor Schaf­fung eines Recht­srah­mens ist zu klären, wie die öffentliche Infra­struk­tur ausse­hen soll. Sie muss den Bedürfnis­sen der Ver­brauch­er angepasst sein. Oft wird die lange Dauer des Lade­vor­ganges beklagt — neben der gerin­gen Reich­weite pro Ladung ein K.O.-Kriterium für Fern­streck­en. Bei Schnel­l­ladesta­tio­nen sind nach opti­mistis­chen Schätzun­gen kün­ftig fünf Minuten Ladezeit möglich, doch diese Sta­tio­nen belas­ten das Netz und sind teuer. Let­zteres gilt auch für Wech­sel­sta­tio­nen, die leere Bat­te­rien inner­halb weniger Minuten gegen volle tauschen. Hier müssten zudem ein­heitliche Bat­te­rien her, was gegen die Indus­trie schw­er durch­set­zbar scheint. Die Poli­tik set­zt derzeit auf Hybrid­fahrzeuge: Elek­trisch in der City, herkömm­lich auf Fern­streck­en. Die Schaf­fung eines Recht­srah­mens für die Lade­in­fra­struk­tur ist auch deshalb schwierig, weil kün­ftige Optio­nen durch eine zu frühe Fes­tle­gung auf ein Mod­ell ver­baut wer­den kön­nten: So sind Ladesta­tio­nen oft Ziel von Van­dal­is­mus. Eine Lösung wäre kon­tak­t­los­es Laden. Das Fahrzeug wird hier­bei über eine Spule im Boden eines Stellplatzes geladen. Sin­nvoll wäre ein Konzept, das tech­nolo­gie­un­ab­hängig Anreize set­zt und die Weit­er­en­twick­lung vom Hybrid- zum reinen Elek­tro­fahrzeug im Ansatz schon mit­denkt und mit anreizt. Wichtig sind ein­heitliche Stan­dards. So soll­ten Ladesta­tio­nen für jeden Fahrzeug­typ und jeden Kun­den nutzbar sein.
Rechtliche Rah­menbe­din­gun­gen
Straßen­rechtlich stellen Ladesta­tio­nen eine Son­der­nutzung dar. Städte und Gemein­den kön­nen die Son­der­nutzung durch Satzung regeln und darin auch bes­timmte erlaub­n­is­freie Son­der­nutzun­gen vorse­hen. Ladesta­tio­nen bieten sich dafür an. Auch die Straßenge­set­ze der Län­der und das Bun­des­fern­straßenge­setz soll­ten im Sinne ein­er möglichst weit­ge­hen­den Priv­i­legierung von Lade- und Wech­sel­sta­tio­nen etwa an Lan­desstraßen oder Auto­bah­n­rast­stät­ten angepasst wer­den. Zudem müssen aus­re­ichend Stellplätze mit Beschilderung geschaf­fen wer­den, wofür die Bun­desregierung bere­its neue Zusatzze­ichen veröf­fentlicht hat. So kön­nen Hal­te­ver­bot­szo­nen zum Laden genutzt wer­den. Rat­sam wäre eine Nov­el­lierung der Straßen­verkehrsor­d­nung, in der die Elek­tro­mo­bil­ität umfassend ver­ankert wird. Die Bun­desregierung plant noch für dieses Jahr die Ein­führung ein­er blauen Plakette für Elek­troau­tos. Sie soll Grund­lage für Priv­i­legierun­gen sein. Im Bau­recht sind ver­schiedene Zuständigkeit­en zu beacht­en. Die Gemein­den kön­nen in Bebau­ungsplä­nen Flächen für Ladesta­tio­nen ausweisen. Ein Bebau­ungs­plan ist für pri­vate Ladesta­tio­nen nicht erforder­lich. Sie sind nach der Baunutzungsverord­nung (BauN­VO) als »unter­ge­ord­nete Nebe­nan­la­gen« zuläs­sig. Öffentlich zugängliche Ladesta­tio­nen dage­gen kom­men nach §14 Absatz 2 BauN­VO nur aus­nahm­sweise ohne Bebau­ungs­plan aus. Für sie sollte der Bund im Bau­pla­nungsrecht eine Priv­i­legierung schaf­fen. Dazu soll­ten aus­drück­lich auch Schnel­l­ladesta­tio­nen und kön­nten unter weit­eren Voraus­set­zun­gen Bat­teriewech­sel­sta­tio­nen gehören. Die Län­der kön­nen im Rau­mord­nungs- und Bauord­nungsrecht lenken, etwa durch Gestal­tungsvor­gaben oder die Pflicht zum Bau von Ladesta­tio­nen. Auch hier­bei sollte jede Art der Lade­in­fra­struk­tur berück­sichtigt wer­den. Die Errich­tung von Ladesta­tio­nen bedarf bere­its in eini­gen Län­dern kein­er Bau­genehmi­gung, was über­all klargestellt wer­den sollte.
Energiewirtschaft­srechtlich sind pri­vate Ladesta­tio­nen ein­schließlich pri­vater Parkhäuser Kun­de­nan­la­gen und nicht Teil des Ver­sorgungsnet­zes. Umstrit­ten ist dies unter Juris­ten bei öffentlichen Ladesta­tio­nen. Als Teil des Net­zes unter­lä­gen sie der Reg­ulierung, z.B. ein­er Preiskon­trolle. Die Kosten für die Errich­tung der Ladesta­tio­nen kön­nten über die Net­zent­gelte umgelegt wer­den. Strom­liefer­an­ten hät­ten Anspruch auf Zugang zu den Ladesta­tio­nen. Als Teil des Net­zes träfe sie aber auch ein umfassender Pflicht­enkat­a­log. Eine Klärung durch den Geset­zge­ber wäre hil­fre­ich. Für Bat­teriewech­sel­sta­tio­nen und Schnel­l­ladesta­tio­nen, die erhöhte Anforderun­gen an die Net­zsta­bil­ität stell­ten, soll­ten eben­falls Regelun­gen getrof­fen wer­den. Erforder­lich ist zudem eine intel­li­gente Ver­net­zung der Ladesta­tio­nen mit dem Strom­netz. Auto­bat­te­rien kön­nen kün­ftig zur Net­zsta­bil­ität beitra­gen. Bei ein­er Über­pro­duk­tion von Strom kön­nen die Bat­te­rien über­schüs­si­gen Strom spe­ich­ern und dadurch neg­a­tive Rege­len­ergie liefern. Weit­ere Maß­nah­men sind denkbar, etwa eine Pflicht, wonach Park­platz­be­treiber und Tankstellen unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen Ladesta­tio­nen oder auch Stellplätze für kon­tak­t­los­es Laden anbi­eten müssen. Eine Sub­ven­tion­ierung der Lade­in­fra­struk­tur wird derzeit von der Bun­desregierung abgelehnt und müsste mit europäis­chem Bei­hil­fer­echt vere­in­bar sein. Der Recht­srah­men der Lade­in­fra­struk­tur kann nicht los­gelöst von den Bedin­gun­gen der Elek­tro­mo­bil­ität ins­ge­samt betra­chtet wer­den. Eine wirk­same Förderung set­zt auf ein dicht­es Netz aus Anreizen. Für Fahrzeug­fahrer denkbar sind Priv­i­legierun­gen im Straßen­verkehrsrecht (z.B. Son­der­park­plätze, Freiga­be von Busspuren, Son­der­fahrspuren, Bevorzu­gung in Umwelt­zo­nen, Befreiung von Parkge­bühren, schad­stof­fab­hängige City- und Auto­bah­n­maut) und im Steuer­recht (z.B. Energie- und Umsatzs­teuer), wo Geset­ze­sen­twürfe beste­hen. So soll die bere­its beste­hende Begün­s­ti­gung bei der Kraft­fahrzeug­s­teuer aus­gedehnt wer­den. Anreiz für die Indus­trie zur Serien­pro­duk­tion besser­er Elek­tro­fahrzeuge wäre etwa eine Höherbesteuerung herkömm­lich­er Motoren.
Erneuer­bare Elektromobilität
Elek­tro­mo­bil­ität macht wenig Sinn, wenn der Strom aus Kohle- oder Atom­kraftwerken stammt. Erforder­lich sind zusät­zliche erneuer­bare Kapaz­itäten. Zur Scho­nung der Net­ze sollte zudem der Aus­bau ein­er Lade­in­fra­struk­tur direkt an Wind- und Solaran­la­gen gefördert wer­den, etwa auf solaren Groß­park­plätzen oder an Solar- und Wind­parks ent­lang der Auto­bahn. Bei einem Überange­bot an Wind- und Solarstrom wer­den diese Anla­gen derzeit zur Ver­mei­dung von Gefahren für die Net­zsta­bil­ität gedrosselt oder abgeschal­tet und deren Betreiber dafür entschädigt. So fehlt der Anreiz, über­schüs­si­gen Strom z.B. an eine Ladesta­tion abzugeben. Die Kom­munen kön­nten die Errich­tung von Solaran­la­gen zudem durch städte­bauliche Verträge von der Kop­plung an eine Ladesta­tion abhängig machen. Denkbar wäre auch eine Par­al­lele zur gel­tenden Verord­nung über Qual­ität­san­forderun­gen an Kraft­stoffe, wonach der Strom Qual­ität­san­forderun­gen in Form eines möglichst hohen und stufen­weise steigen­den erneuer­baren Anteils ein­hal­ten muss.
Faz­it
Die Poli­tik set­zt vor allem auf pri­vate Ladesta­tio­nen und den Verkehr zwis­chen Woh­nung und Arbeit­splatz. Ein flächen­deck­endes Netz aus Schnel­l­ladesta­tio­nen ver­bun­den mit Wech­sel­sta­tio­nen an Auto­bah­nen lässt sich zwar in der Tat nicht von heute auf mor­gen real­isieren und bedarf weit­er­er Forschungsleis­tun­gen ger­ade auch im Hin­blick auf bessere Bat­te­rien. Gle­ich­wohl sollte ein Recht­srah­men bere­its jet­zt eine stufen­weise Entwick­lung hin zu Erneuer­bar­er Elek­tro­mo­bil­ität auch im Fer­n­verkehr in den Geset­zen anle­gen. Anson­sten bestünde das Risiko, dass sich ein Sys­tem der reinen City-Elek­tro­mo­bil­ität man­i­festiert und der Indus­trie ein aus­re­ichen­der Anreiz fehlt, bessere Fahrzeuge und Bat­te­rien mit län­geren Reich­weit­en zu entwickeln.
Michael Her­rmann // Freier Rechtsanwalt
Luther Nier­er Recht­san­wälte Partnerschaft

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