Vertrieb ist nicht Alles, aber Alles ist Vertrieb

Auch die eMo­bil­ität unter­liegt dem üblichen Pro­duk­tleben­szyk­lus: Vor dem Mark­twach­s­tum liegt eine mehr oder weniger lange Ein­führungsphase. Diese Phase ist unter anderem von Investi­tio­nen in das Pro­dukt selb­st und für die tech­nis­che Entwick­lung geprägt. Aber auch von Investi­tio­nen in den Bere­ichen Ver­trieb, Mar­ket­ing und Öffentlichkeit­sar­beit? Der ein oder andere mag sich fra­gen, ob das nicht von allein geht, wenn man ohne­hin ein gutes Pro­dukt hat? Lei­der nicht..
Ver­trieb, Mar­ket­ing und Öffentlichkeit­sar­beit sind Fak­toren, die bere­its sehr früh berück­sichtigt wer­den müssen. Ins­beson­dere in der Phase der Pro­duk­te­in­führung und Investi­tionsvorentschei­dung lohnen sich Investi­tio­nen in diesem Bere­ich, denn hier gilt das Prinzip First Come, First Served. Man kann in der Regel davon aus­ge­hen, dass der erste Anbi­eter auf einem neu entste­hen­den Markt 50 Prozent des Mark­tes bedi­enen wird, wohinge­gen sich alle nachk­om­menden Anbi­eter den Rest untere­inan­der aufteilen müssen.
Welche Aspek­te müssen also zwin­gend beachtet wer­den, um eMo­bil­ität auch in den Bere­ichen Ver­trieb, Mar­ket­ing und Öffentlichkeit­sar­beit nach­haltig, erfol­gre­ich zu positionieren?
• Ein wesentlich­er Teil des Erfol­gs eines Unternehmens hängt von der Effizienz sein­er Ver­trieb­sorgan­i­sa­tion ab.
• Zen­trale Auf­gaben des Ver­triebs sind der Absatz der eige­nen Pro­duk­te / Dien­stleis­tun­gen auf direk­tem oder indi­rek­tem Wege. Es gilt diese zu find­en und zu etablieren.
• Die strate­gis­chen Stoßrich­tun­gen sind ein­deutig auf Wach­s­tum aus­gerichtet, dazu müssen die erforder­lichen Rah­menbe­din­gun­gen geschaf­fen werden.
• Die Ver­ant­wor­tung der Führung des Ver­triebes liegt im rechtzeit­i­gen Auf­bau und dem Aus­bau der Verkauf­sor­gan­i­sa­tion, um quan­ti­ta­tive und qual­i­ta­tive Ziele zu erreichen.
Das Tech­nik-Dilem­ma
Vor diesem Hin­ter­grund stellt sich die Frage, welchen Fokus die eMo­bil­itäts-Akteure derzeit set­zen. Nehmen wir als ein Indiz ein­mal die The­men von ver­schieden­sten, meist staatlichen Förder­pro­gram­men, denn die sollen ja ins­beson­dere in der Ein­führungsphase helfen, Elek­tro­mo­bil­ität als real­is­tis­che Mobil­ität­salter­na­tive zu etablieren. Ohne Anspruch auf Voll­ständigkeit, haben wir uns einige Beispiele ver­schieden­ster Pro­gramme her­aus­ge­sucht, die einen guten Quer­schnitt der geförderten The­men darstellen.
• Leichtbau
• Elek­trische Busse für den Stadtverkehr
• Kon­fig­urier­bare Lastkraft­wa­gen / Schwertransport
• Kon­nek­tiv­ität im inter­modalen Frachttransport
• Bat­teri­etech­nolo­gien / Alterungs­beständi­ge Mate­ri­alien für Batterien
• Elek­trische Antriebe / Näch­ste Gen­er­a­tion der elek­trischen Motoren
• Elek­tro­n­is­che Regelungs- und Steuersysteme
• Soft­waregestütztes Energiemanagement
• Fahrzeug­in­terne Datenkom­mu­nika­tion, Fahrerassistenzsysteme
• Sicherheitstechnik
• Logis­tik und Infra­struk­tur für die Energieversorgung
• Elek­tro­mo­bile als Spe­ich­er- und Regelelemente
• Inno­v­a­tive Elektrombilitätsdienstleistungen
• IKT-basierte Lade- und Steuerungsinfrastrukturen
• u.v.m.
Man kann anhand dieser Beispiele und an zahlre­ichen Messeauftrit­ten leicht erken­nen: Im Mit­telpunkt ste­ht Tech­nik, Tech­nik und nochmals Tech­nik. Wo sind die The­men rund um den Kun­den? Die The­men, die echt­es Kaufin­ter­esse weck­en? Die The­men, die helfen eMo­bil­ität zu zeigen und erleb­bar zu machen?
Schein­bar alle stürzen sich im Rah­men Ihrer Kom­mu­nika­tion auf die sel­ben tech­nis­chen The­men — lassen dabei aber die Bedürfnisse der Kun­den völ­lig außen vor. Damit allein wer­den die Pro­duk­te rund um die Neue Mobil­ität aber mit Sicher­heit nicht in großen Stück­zahlen verkauft. Viel wichtiger wäre zum jet­zi­gen Zeit­punkt die Ein­beziehun­gen von Emo­tio­nen. Erfahrbarkeit und Marken­bindung ste­hen hier an erster Stelle. Ein Beispiel aus der Prax­is: Ohne das nach­haltig ini­ti­ierte, strate­gis­che Mar­ket­ing kön­nte auch Apple nicht von ein­er geplanten Absatz­menge von 400.000 iPads im Jahr 2012 alleine in Deutsch­land aus­ge­hen. Eine Kaufentschei­dung, die haupt­säch­lich durch Emo­tio­nen und den Kult um die Marke selb­st geprägt ist.
Das Medi­en-Dilem­ma
Es gibt bere­its jet­zt funk­tion­ierende Fahrzeuge, Sys­teme, Lösun­gen und Ideen. Berichtet wird aber meist über Hemm­nisse und Schwierigkeit­en. Aktuelles Beispiel: die verz­er­rte Berichter­stat­tung über den Opel Ampera bzw. sein amerikanis­ches Schwest­er­mod­ell, den Chevro­let Volt.
Der Hin­ter­grund: Die zivile US-Behörde für Straßen- und Fahrzeugsicher­heit (NHTSA) unter­zog am 12. Mai 2011 einen Chevro­let Volt einem Crasht­est auf ihrem Gelände in Wis­con­sin. Den Volt trak­tierten die NHT­SA-Fach­leute zunächst mit einem Seit­e­nauf­prall und anschließend mit einem Über­schlag. Bei diesem und den anderen Crasht­ests schnitt der Volt bestens ab: Er bekam fünf von fünf möglichen Sternen.
Das Autowrack wan­derte danach, so wie es war, ins Lager. Wie danach bekan­nt wurde, begann der demolierte Volt dort 21 Tage später plöt­zlich zu bren­nen. Als Brand­herd macht­en die Ermit­tler das Bat­teriepaket des Volt aus. Es war bei dem Crash beschädigt, der Küh­lkreis­lauf unter­brochen wor­den. Nach und nach war Kühlflüs­sigkeit aus­ge­laufen, die nor­maler­weise dafür sorgt, dass die einzel­nen Zellen der Akku­packs nicht über­hitzen. Anders als von Chevro­let im Falle eines Unfalls emp­fohlen, war der Lithi­um-Ionen-Akku nach dem Crash von den NHT­SA-Inge­nieuren nicht elek­trisch ent­laden wor­den, stand also noch unter Strom. Kein Wun­der also, dass das Fahrzeug zu bren­nen ange­fan­gen hat. Nie­mand würde ander­sherum auf die Idee kom­men, einen Ben­zin­er mit vollem Tank einem Crasht­est zu unterziehen.
Die Folge: GM und die gesamte Branche kämpfen gegen einen erhe­blichen Imageschaden an, den man mit ein­er fundierten Recherche seit­ens der Medi­en­vertreter, aus­re­ichend Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen und besser­er Öffentlichkeit­sar­beit leicht hätte ver­mei­den können.
Faz­it
Ins­beson­dere für den Zukun­fts­markt Elek­tro­mo­bil­ität spielt strate­gis­ches Mar­ket­ing eine essen­tielle Rolle. Die Elek­tro­mo­bil­itäts-Akteure müssen ler­nen, auch im Bere­ich Ihrer Mar­ketingar­beit langfristig und nach­haltig zu agieren. Investi­tio­nen in den Bere­ichen Ver­trieb, Mar­ket­ing und Öffentlichkeit­sar­beit sind Investi­tio­nen in die Zukun­ft, für die bere­its jet­zt die notwendi­gen Mit­tel einge­plant wer­den soll­ten. Ger­ade in der Ein­führungsphase, in der wir uns aktuell befind­en, ist eine solche Mar­ket­ingstrate­gie notwendig, um auch langfristig erfol­gre­ich zu sein. Immer mit dem Ziel, die Kun­den best­möglich zu informieren und auch emo­tion­al zu binden.
Die Förderung von tech­nis­chen Bere­ichen ist selb­stver­ständlich wichtig und richtig, aber min­destens genau­so wichtig ist die Unter­stützung und Entwick­lung von Ver­mark­tungs-Konzepten im Bere­ich der Neuen Mobil­ität. Das ins­beson­dere auch im Bere­ich der Fördermittelvergabe.
Matthias Gro­her
BayTech-Insti­tut für Strate­gis­ches Management
BayTech-Part­ner und BEM-Beirat
Prof. Robert Pelzel
BayTech-Insti­tut für Strate­gis­ches Management
BayTech-Partner

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