Mein Haus, mein Auto & meine Tankstelle

Novem­ber 2018 / Artikel erschienen im Mag­a­zin »Das intel­li­gente Haus«
Die Elek­tro­mo­bil­ität hält Einzug in den Straßen­verkehr — und damit auch in immer mehr Gara­gen und Car­ports am Eigen­heim. Gas­tau­tor und Elek­tro­mo­bil­ität­sex­perte Markus Emmert erk­lärt, wie man sich und sein Haus schon jet­zt opti­mal auf das kom­mende Elek­troau­to vor­bere­it­en kann.
Auch wenn Sie heute noch nicht elek­trisch unter­wegs sind — früher oder später wer­den Sie es sein. Der Umstieg auf ein Elek­troau­to bringt allerd­ings viel mehr mit sich, als man auf den ersten Blick denkt. Bish­er haben wir uns gefragt, wie hoch der Ver­brauch von Diesel oder Ben­zin auf 100 Kilo­me­ter in Litern ist, wo die näch­ste Tankstelle liegt und was dort der Liter Sprit kostet, oder wann die näch­ste Inspek­tion mit Ölwech­sel, Abga­sun­ter­suchung, und TÜV-Prü­fung ansteht.
Dem­nächst wer­den wir uns damit beschäfti­gen, wie viel Strom das Auto pro 100 Kilo­me­ter ver­braucht. Wir wer­den Fahrten mit Routen-Apps pla­nen, die neben der Verkehrssi­t­u­a­tion auch die Aus­las­tung von Schnel­l­ladesäulen ent­lang der Strecke ken­nen. Ölwech­sel, Kup­plung und Aus­puffan­la­gen gehören der Ver­gan­gen­heit an, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das Haus wird Strom-Tankstelle
Kün­ftig wer­den die eige­nen Autos nicht mehr nur an der Tankstelle mit Treib­stoff ver­sorgt. Im All­t­ag lassen sich Elek­troau­tos auch opti­mal aufladen, wenn sie län­gere Zeit parken — zum Beispiel zu Hause. Jedes Haus hat einen Stro­man­schluss und damit alle Voraus­set­zun­gen für eine Strom-Tankstelle. Elek­troau­tos lassen sich zu Hause mit Wech­sel­strom (AC-Strom) laden. Das ist der Strom, wie wir ihn von der Schuko-Haushaltssteck­dose ken­nen. Für eine leis­tungs­fähige Ladesta­tion in der pri­vat­en Garage kom­men dreiphasige Anschlüsse mit ein­er Leis­tung von 11 oder gar 22 kW Leis­tung infrage. Das entspricht drei Phasen mit jew­eils 16 oder 32 Ampere Absicherung. Zum Ver­gle­ich: Auch Her­dan­schlüsse sind dreiphasig mit je 16 Ampere abgesichert.
Geladen wird das Auto über eine soge­nan­nte Wall­box. Diese ist ide­al­er­weise mit ein­er Typ2-Lade­buchse zum Anschluss an das Auto verse­hen und sollte eigens abgesicherte Stromkreise haben. Es gibt zwar auch Ladek­a­bel für die nor­male Steck­dose. Diese soge­nan­nte Not­lade­funk­tion arbeit­et aber nicht mit dem vollen Lade­strom von 16 Ampere, da am Stromkreis der Steck­dose noch weit­ere Ver­brauch­er angeschlossen sein könnten.
Schnel­l­ladesäulen (DC) gibt es meist an Auto­bah­nen oder auch Fil­ialen großer Dis­counter oder Möbel­häuser. Sie laden Autos mir entsprechen­der Lade­tech­nik über die Anschlüsse »Com­bined Charg­ing Sys­tem« und »Charge de Move«. (CCS, CHAde­MO) direkt via Gle­ich­strom mit ein­er Ladeleis­tung von bis zu 50 kW auf.
Generell ist die Ladezeit abhängig von der ver­füg­baren Leis­tung und der Lade­tech­nik im Fahrzeug. Nicht jedes Fahrzeug lädt an ein­er mit drei Phasen abgesicherten 11 Kilo­watt-Wall­box auch tat­säch­lich mit voller Leis­tung. Manche Fahrzeuge haben nur ein­phasige Lade­tech­nik einge­baut. Sie erhal­ten ein Drit­tel der Leis­tung und benöti­gen logis­cher­weise die dreifache Ladezeit. Schnel­l­lade- oder DC-Anschlüsse kosten bei eini­gen Her­stellern extra.
So wird das Haus zukunftssicher
Wer heute ein Haus baut, der sollte neben der Architek­tur auch The­men rund um die Elek­troausstat­tung und Ver­net­zung berück­sichti­gen — nicht nur, aber auch wegen Elek­troau­tos. Dazu sind Bauher­ren sog­ar geset­zlich verpflichtet. Das Elek­tro­mo­bil­itäts-Gesetz (EmobG Teil I) schaffte 2015 die Grund­la­gen für die Elek­tro­mo­bil­ität in Deutsch­land. Dabei ging es zunächst eher um Kennze­ich­nun­gen und Priv­i­legien, etwa kosten­lose Park­plätze. Dem­nächst kommt Teil II des EmobG, der auch Fra­gen des Woh­nungs­baus und der Lade-Infra­struk­tur regeln soll. Das Gesetz ist noch nicht fer­tig, doch die Eck­punk­te sind abse­hbar. Der Grund für die Regeln: Immer mehr Elek­troau­tos benöti­gen immer mehr Strom. Damir das Netz die zusät­zlichen Las­ten verkraftet, muss die Tech­nik bekan­nt und berechen­bar sein. Schon heute müssen alle öffentlichen und hal­böf­fentlichen Ladepunk­te der Bun­desnet­za­gen­tur gemeldet wer­den. Kün­ftig dürfte es Genehmi­gungsver­fahren für Ladesta­tio­nen geben. Leis­tung­shun­grige Lad­er etwa wer­den dann nur noch voll genutzt wer­den kön­nen, wo aus­re­ichend Leis­tung ver­füg­bar und das Netz geeignet ist. Abse­hbar ist auch, dass Ladestellen aus dem Netz oder über einen Energie­m­an­ag­er im Haus regel­bar sein müssen. Das soll Last­spitzen abfed­ern, etwa wenn abends ab 19 Uhr viele E‑Au­to-Besitzer gle­ichzeit­ig ihre Autos anschließen. In den näch­sten Jahren dürften Tar­if­sys­teme kom­men, die den­jeni­gen Nutzern gün­stigeren Lade­strom bieten, die ihr Auto flex­i­bel laden.
Faz­it: Die Vor­bere­itung zählt
Für Bauher­ren gel­ten daher vier ein­fache Tipps, um die Voraus­set­zun­gen fürs erste Elek­troau­to zu schaffen:

  1.  Eine PV-Anlage bringt zusam­men mit ein­er Haus­bat­terie Unab­hängigkeit von kün­fti­gen Strompreisen. Sie ermöglicht auch einen gün­sti­gen Betrieb des E‑Autos im All­t­ag. Und: Wer seinen Lade­strom selb­st pro­duziert, der kann auch dann noch laden, wenn das Netz »dicht« ist.
  2. Es ist kaum sin­nvoll, sofort eine Wall­box einzubauen, wenn nicht unmit­tel­bar der Kauf eines Elek­troau­tos anste­ht. Denn die tech­nis­che Entwick­lung geht ständig weit­er, nicht jed­er Auto­typ unter­stützt alle Lade-Varianten.
  3. Wichtiger: Sehen Sie dreiphasig abgesicherte Anschlüsse für die Garage oder den Car­port vor und leg­en Sie entsprechende Leis­tun­gen — oder zumin­d­est die passenden Leerrohre.
  4. Lassen Sie ein Net­zw­erkka­bel in der Garage leg­en. Damit kann ihre kün­ftige Wall­box beim Laden schnell auf Tarif-Impulse reagieren und wahlweise schnell oder flex­i­bel und gün­stig laden. Auch für die Verbindung mit einem Energie­m­an­ag­er zur Verteilung des PV-Stroms im Haus sollte die Wall­box ver­net­zt sein. Ver­mut­lich wird die Ver­net­zung alle Ladesta­tio­nen schon bald ohne­hin vorgeschrieben. Da ist der gut dran, der für sein Haus bere­its ein paar Jahre voraus denkt.

Wis­senschaftlich­er Beirat Markus Emmert

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