Integration von Hybrid- und Elektrofahrzeugen in die Produktion

Die Ein­führung von Hybrid- (HEV) und Elek­tro­fahrzeu­gen (EV) verän­dert nicht nur das Ange­bot am Markt, son­dern hat auch Auswirkun­gen auf die Pro­duk­tion­sstruk­turen der Auto­mo­bil­her­steller. Die Stück­zahlen sind in der Ein­führungsphase ger­ing und die zukün­fti­gen Pro­duk­tionsvo­lu­mi­na im Zeitablauf unklar. Die mit hohen Investi­tio­nen ver­bun­dene Errich­tung neuer End­mon­tagelin­ien für HEVs und EVs in Größenord­nun­gen, wie bei Fahrzeu­gen mit Ver­bren­nungsmo­tor (ICE), ist daher noch nicht ökonomisch vorteil­haft. Hier­aus fol­gt, dass die aufk­om­mende Pro­duk­tion von HEVs und EVs, die über Klein­se­rien hin­aus­ge­ht, zunächst in beste­hende Pro­duk­tion­sstruk­turen zu inte­gri­eren ist. Die Möglichkeit­en zur Inte­gra­tion aktueller Pro­duk­tionsvo­lu­mi­na und die länger­fristi­gen Entwick­lungsmöglichkeit­en bei steigen­den Volu­mi­na wer­den im Fol­gen­den dargestellt.
Es sind drei grundle­gende Fahrzeugkat­e­gorien mit spez­i­fis­chen Eigen­schaften für die Pro­duk­tion zu unter­schei­den: Erstens HEVs die auf kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen als Plat­tform beruhen und zu diesen aus Pro­duk­tion­ssicht, trotz der Hybri­disierung, nur einen gerin­gen Unter­schied aufweisen. Zweit­ens EVs, die eben­falls auf kon­ven­tionellen Fahrzeu­gar­chitek­turen beruhen und einen elek­tri­fizierten anstatt eines kon­ven­tionellen Antrieb­sstrangs besitzen. Sowie drit­tens EVs, die auf gän­zlich neuen Fahrzeu­gar­chitek­turen (nEV — Zusatz »n« für neue Fahrzeu­gar­chitek­tur) beruhen. Die drei Fahrzeugkat­e­gorien unter­schei­den sich hin­sichtlich der Möglichkeit­en zur Inte­gra­tion in beste­hende Strukturen.
Aktuelle HEVs kön­nen in beste­hende Lin­ien inte­gri­ert wer­den. Durch eine Aus­lagerung der durch die Hybri­disierung anfal­l­en­den zusät­zlichen Arbeitsin­halte in die Vor­mon­tage (1) bzw. in Neben­tak­te (2a), wird eine Beein­träch­ti­gung der Hauptlin­ie reduziert sowie Tak­tzeitver­luste min­imiert. Darüber hin­aus kann die End­mon­tagelin­ie verzweigt wer­den, um Störun­gen der Lin­ie nach Ein­bau elek­trisch­er Kom­po­nen­ten zu reduzieren (2b). Ana­log kann bei EVs ver­fahren wer­den, die auf der Fahrzeu­gar­chitek­tur kon­ven­tioneller Fahrzeuge beruhen (1, 2c, 2d). Die Inte­gra­tion in beste­hende Lin­ien auf Basis vorhan­den­er Grund­fahrzeuge wird die Ein­führungsphase dominieren und gener­iert Flex­i­bil­ität, um auf die unsichere Mark­t­nach­frage von HEVs und EVs reagieren zu kön­nen. Fahrzeuge mit kon­ven­tionellem und Fahrzeuge mit elek­trischem Antrieb­sstrang gle­ichen sich, bis auf die für die Elek­tri­fizierung notwendi­gen Son­der­tak­te, auf Mix-Lin­ien gegen­seit­ig aus, wenn sich die Mark­tan­teile ver­schieben. Eine zukün­ftige Aus­prä­gungs­form beim Erre­ichen von sig­nifikan­ten Pro­duk­tionsvo­lu­mi­na ist die Zusam­men­fas­sung aller HEVs und EVs auf spezial­isierten HEV- bzw. EV-Lin­ien (3). Dies führt u.a. zu Vorteilen im Schu­lungsaufwand des Per­son­als und zu logis­tis­chen Vorteilen in der Bere­it­stel­lung der aktuell als Gefahrgut zu hand­haben­den Batterien.
Bei kom­plett neuen Fahrzeu­gar­chitek­turen, wie bei der Ver­wen­dung von Radnaben­mo­toren oder auch Karosse­rien aus kohlen­stoff­faserver­stärk­tem Kun­st­stoff (CFK), sind die Ver­bau­rei­hen­fol­gen sowie der Umfang der Arbeitss­chritte gegenüber den kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen typ­is­cher­weise zu unter­schiedlich, um effizient einen Mix aus ICE und nEV auf ein­er Lin­ie zu pro­duzieren. Es sind eigen­ständi­ge Mon­ta­gen zu erricht­en (4). Dies set­zt voraus, dass die Nach­frage­men­gen mit­tel­fristig ein Niveau erre­ichen, welch­es eine reine Elek­tro­fahrzeuglin­ie aus­las­ten kann.
Zur Verbesserung der Inte­gra­tion und der Zen­tral­isierung auf HEV- und EV-Lin­ien ist eine hohe Ähn­lichkeit der Fahrzeuge aus Pro­duk­tion­ssicht notwendig. Dies kann über die Nutzung gemein­samer Plat­tfor­men bzw. Mod­ul­baukästen der dort pro­duzierten Fahrzeug­mod­elle sowie über einen ein­heitlichen Zeit­punkt der Inbe­trieb­nahme des Hoch­volt­sys­tems erre­icht wer­den. Aus let­zterem ergibt sich, ab wann die Fahrzeuge nicht mehr span­nungs­frei sind und damit, ab welchem Arbeit­stakt beson­dere Sicher­heitsvorkehrun­gen zu tre­f­fen sind. Dies bein­hal­tet auch die Schu­lung des dort einge­set­zten Per­son­als. Die Stan­dar­d­isierung aus Pro­duk­tion­ssicht hat dabei einen sig­nifikan­ten Ein­fluss auf die Effizienz der Prozesse in der Endmontage.
Die erfol­gre­ichen Beispiele der Pro­duk­tion von kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen im Mix mit Hybrid- oder auch Elek­tro­fahrzeu­gen auf ein­er Lin­ie zeigen, dass sich viele Hybrid- und Elek­tro­fahrzeuge in beste­hende Struk­turen inte­gri­eren lassen. Bei steigen­den Volu­mi­na, wie auch bei neuen Fahrzeu­gar­chitek­turen, wer­den sich zukün­ftig auch eigen­ständi­ge Lin­ien etablieren.
Kai Wittek
Chris­t­ian Huth
Prof. Dr. Thomas S. Spengler
Insti­tut für Auto­mo­bil­wirtschaft und Indus­trielle Produktion
Tech­nis­che Uni­ver­sität Braunschweig
www.tu-braunschweig.de/aip

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