Vernetzte eFahrzeuge — vernetzter Service

Stellen Sie sich fol­gen­des Szenario vor: Sie fahren mit Ihrem eFahrzeug des Her­stellers A an eine Ladesäule, die von den Stadtwerken B betrieben wird. Sie haben einen Ver­trag mit Ihrem eMo­bil­i­ty-Provider C, und über diesen wird der nun begin­nende Lade­vor­gang abgerech­net. Nach zwei Stun­den Ladezeit möcht­en Sie weit­er­fahren, stellen jedoch fest, dass die tat­säch­lich aufgenommene Strom­menge nur ein­er Ladedauer von ca. ein­er Stunde entspricht. Wo ist die Ursache des Prob­lems zu find­en und wer küm­mert sich darum? Als erstes fahren Sie zum Ser­vi­cepart­ner Ihres Fahrzeugher­stellers A und bericht­en dem Ser­vicemi­tar­beit­er von Ihrem Prob­lem. Er unterzieht Ihr Fahrzeug ein­er gründlichen Unter­suchung und kommt zum Ergeb­nis: kein Befund. Er rät Ihnen, es ein­fach nochmal an ein­er anderen Ladesäule zu probieren.
Solch ein Szenario kön­nte in naher Zukun­ft Real­ität wer­den — und sicher­lich wür­den Sie dies so nicht akzeptieren.
Die Diag­nosesys­teme müssen ver­net­zt werden
Heutige Diag­nosesys­teme betra­cht­en das Fahrzeug als abgeschlossenes Sys­tem — alle darin behan­del­ten Fehlerur­sachen sind im Fahrzeug selb­st zu find­en. Meist reicht es aus, die als Störquelle iden­ti­fizierte Kom­po­nente zu benen­nen und die Reparatur bzw. den Aus­tausch anzuweisen. Dies ist bei ver­net­zten Funk­tio­nen, die wie in dem Ladeszenario oben eine Datenkom­mu­nika­tion zwis­chen mehreren Beteiligten benöti­gen, nicht mehr aus­re­ichend. Wer­den die Funk­tio­nen zunehmend ver­net­zt, so müssen auch Diag­nosemöglichkeit­en entwick­elt wer­den, die Infor­ma­tio­nen über alle Teil­sys­teme ein­holen und plau­si­bil­isieren kön­nen. Dies bed­ingt, dass gemein­sam genutzte, offene Schnittstellen zum Date­naus­tausch etabliert wer­den. Und es bed­ingt die gegen­seit­ige Öff­nung des Zugangs zu betrieb­srel­e­van­ten Infor­ma­tio­nen der beteiligten Sys­temkom­po­nen­ten. Einen sehr guten Lösungsansatz zur ver­net­zten eMo­bil­ität ver­fol­gt die Fir­ma Hub­ject GmbH: Es han­delt sich dabei um eine Entwick­lungsko­op­er­a­tion mark­t­führen­der Unternehmen der Energiewirtschaft, Elek­troin­dus­trie sowie der Auto­mo­bilin­dus­trie. Hub­ject entwick­elt eine eMo­bil­i­ty-Ser­vi­ce­Plat­tform, die deutsch­landweit das Ange­bot an Ladesäulen sowie die entsprechende Ver­rech­nung über ein offenes Sys­tem bündelt.
Ser­vi­ce­plat­tform zum Aus­tausch von diag­noserel­e­van­ten Infor­ma­tio­nen nutzen
Diese Ser­vi­ce­plat­tform kön­nte auch als Aus­tausch­plat­tform für diag­noserel­e­vante Infor­ma­tio­nen dienen. Zusam­men mit den Infor­ma­tio­nen aus dem Fahrzeug, den Prü­fungsergeb­nis­sen der Fahrzeugkom­po­nen­ten und der Kun­den­bean­stan­dung kön­nte der Ser­vicemi­tar­beit­er über sein Diag­nosesys­tem eine Anfrage an die eMo­bil­i­ty-Ser­vi­ce­plat­tform senden, um das Fehler­bild zu plau­si­bil­isieren. Ide­al­er­weise liefert die Plat­tform auch direkt die Erläuterung über die Hin­ter­gründe der Störung und meldet den Zeit­punkt der Behe­bung der Störung­sur­sache. Die in der Auto­mo­tive-Branche etablierten Daten­stan­dards zur Mod­el­lierung von Diag­no­se­in­for­ma­tio­nen (ISO 22901–1/ODX) und Prü­fa­bläufen (ISO 13209/OTX) bieten sich als Basis für die Fes­tle­gung der Infor­ma­tio­nen an, die über die Plat­tform trans­portiert werden.
Gute Ser­vice­qual­ität nur durch qual­i­fiziertes und informiertes Ser­vi­ceper­son­al möglich
Es reicht nicht aus, nur den Date­naus­tausch von tech­nis­chen Sys­te­men zu ermöglichen, um den Anforderun­gen an den Ser­vice ver­net­zter eFahrzeuge gerecht zu wer­den. Zusät­zlich zum Wis­sen über die Fahrzeugsys­teme an sich ist es notwendig, dass ein Gesamtver­ständ­nis für die ver­net­zten Funk­tio­nen durch Aus- und Fort­bil­dungs­maß­nah­men ver­mit­telt wird. Die zunehmende Kom­plex­ität führt dazu, dass die Ser­vicemi­tar­beit­er immer wieder mit neuen, bish­er unbekan­nten Prob­lem­stel­lun­gen kon­fron­tiert wer­den, die sie in möglichst kurz­er Zeit beheben müssen. Deshalb ist es unab­d­ing­bar, dass ein ver­stärk­ter Erfahrungsaus­tausch unter den Ser­vicemi­tar­beit­ern gefördert wird, z.B. durch den Ein­satz von Social Media Plat­tfor­men (erste Erfahrun­gen mit der XING-Gruppe Fahrzeug­di­ag­nose oder mit der BOSCH Open Inno­va­tion Plat­tform bestäti­gen dies). Wer­den diese Erfahrungswerte von den Her­stellern und Diag­nose­ex­perten aufge­grif­f­en und wird ein kon­struk­tiv­er Dia­log mit den Kol­le­gen aus der Prax­is geführt, so kann die Opti­mierung der Ser­vice­qual­ität von ver­net­zten eFahrzeu­gen durch aktiv gelebte »Schwarmintel­li­genz« gelingen.
Die näch­ste Stufe: das Fahrzeug als »Man­aged Net­worked Device«
Wenn die Ver­net­zung des Fahrzeugs mit dem Inter­net so weit fort­geschrit­ten ist, dass eine Daten­verbindung immer ver­füg­bar ist (das Fahrzeug ist Always-On), ermöglicht dies eine ganz neue Dimen­sion von Betriebs- und Ser­vi­ce­prozessen durch den Ein­satz von Tele­di­ag­nose­funk­tio­nen. Hier­bei kann die aus der IT-Indus­trie bekan­nte IT Infra­struc­ture Library (ITIL) als Vor­bild für die Gestal­tung solch­er Prozesse dienen. Sie ist eine Samm­lung von Best Prac­tices zur Umset­zung eines IT-Ser­vice­m­an­age­ments. Somit wird es möglich, dem Kun­den die gesamte Band­bre­ite von Ser­vi­ce­pro­duk­ten anzu­bi­eten: vom reak­tiv­en, klas­sis­chen Ser­vice­fall, wie er heute Stan­dard ist, bis zu ein­er Full-Ser­vice 24/7‑Betriebsüberwachung mit Inci­dent Man­age­ment Sys­tem und definierten Ser­vice Lev­el Agree­ments (SLA). Das Szenario kön­nte bis zu ein­er tat­säch­lich umge­set­zten Mobil­itäts­garantie aus­ge­baut wer­den, wobei bei einem Tota­laus­fall des Fahrzeugs mit definierten, sit­u­a­tion­s­ab­hängi­gen Fall­back­lö­sun­gen (Ersatz­fahrzeug, inter­modaler Trans­port etc.) die Fort­set­zung der Reise sichergestellt wäre.
Chris­t­ian Seiler
GIGATRONIK Stuttgart GmbH
https://auto-repair-ideas.bosch.com

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