Faszination und Begeisterung für »Neue Mobilität«

Artikel aus der Säch­sis­chen Zeitung — Son­derveröf­fentlichung »Alter­na­tive Antriebsenergie«
Chris­t­ian Grötsch — BEM-Lan­desver­tung Mitteldeutschland
Herr Grötsch, jed­er spricht von Elek­tro­mo­bil­ität. Welche Möglichkeit­en haben wir?
Let­z­tendlich läuft es immer auf den Elek­tro­mo­tor hin­aus. Die Frage wird sein, ob mit Brennstof­fzelle — Wasser­stoff — oder batterieelektrisch.
Wo ist der Unterschied?
Die Brennstof­fzelle wan­delt Wasser­stoff in elek­trische Energie um. Das kommt dem Prinzip des Tankens gle­ich. Eine Bat­terie spe­ichert Strom, der wiederum den eMo­tor antreibt. Das Fahren mit Strom hat aber nur dann einen pos­i­tiv­en Umwel­t­ef­fekt, wenn der Strom aus regen­er­a­tiv­en Quellen stammt.
Gibt es eine vielver­sprechende Innovation?
Die wichtig­ste Inno­va­tion hat nichts mit dem Antrieb zu tun, son­dern mit dem autonomen Fahren. Dann heißt es nicht mehr »Freude am Fahren«, son­dern »Freude am Gefahrenwerden«.
Welchen Ein­fluss wird das autonome Fahren auf die Elek­tro­mo­bil­ität haben?
Autonomes Fahren ist nach Ansicht von Experten eine sehr effek­tive Art der Fort­be­we­gung. Das heißt, der Energieein­satz bei der Her­stel­lung der Fahrzeuge sowie bei der Bere­it­stel­lung von Infra­struk­tur und beim Fahren selb­st kann deut­lich gesenkt wer­den. Deshalb ergänzen sich eFahrzeuge und autonomes Fahren in ide­al­er Weise. übri­gens fahren die autonomen Test­fahrzeuge von Google und Apple ganz selb­stver­ständlich elektrisch.
Wie wichtig sind Alter­na­tive Antriebe auf dem Automobil-Markt?
Inter­na­tion­al gese­hen haben sie einen dur­chaus hohen Stel­len­wert. Allein in Deutsch­land hat man den Ein­druck, dass sowohl Poli­tik als auch Her­steller nur unter Druck reagieren.
Warum sind die Deutschen Elektro-Muffel?
Da machen wir auch andere Erfahrun­gen. Insofern würde ich das Urteil so nicht mit­tra­gen. Tat­sache ist aber, wir sind wirtschaftlich extrem von der Auto­mo­bilin­dus­trie abhängig — und diese ste­ht vor einem grundle­gen­den Wan­del: vom Autoverkäufer zum Mobil­ität­san­bi­eter! Tat­sache ist auch, dass die deutschen Auto­bauer mit kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen im Moment noch viel Geld ver­di­enen. Aber wer hätte gedacht, dass Unternehmen wie Vat­ten­fall und RWE mal ins Wanken kommen?!
Experten bekla­gen, dass die Bat­te­rien zu schw­er sind und die Reich­weite der Fahrzeuge viel zu ger­ing ist. Warum sollte Otto Nor­malver­brauch­er sich ein dazu noch viel teur­eres Elek­troau­to kaufen?
Zunächst sollte Otto Nor­malver­brauch­er über seine per­sön­liche Mobil­ität nach­denken. In 90 % der Fälle wird danach die Reich­weit­en-The­matik keine Rolle mehr spie­len. Zum Preis möchte ich anmerken, dass in Deutsch­land, wenn ich mir anse­he, was auf der Straße unter­wegs ist, dieser bei kon­ven­tionellen Fahrzeu­gen offen­sichtlich nie zur Diskus­sion ste­ht. Auch wird sich die Sit­u­a­tion, sobald der Sprit­preis wieder steigt, ganz anders darstellen.
Der Staat will in den näch­sten Jahren Elek­tro- und Hybri­dau­tos mit einem Umwelt­bonus fördern. Geht dem Bun­desver­band diese Maß­nahme weit genug?
Das ist kein Umwelt­bonus, son­dern eine Kauf­prämie. Wir hät­ten uns eine viel stärkere Kop­plung der Förderung an den CO2-Ausstoß gewünscht!
Die Bun­desregierung hofft auf min­destens 300 000 verkaufte eAu­tos und Hybride. Realistisch?
Ja, dur­chaus. Wenn mir jemand Geld schenkt, dann wird ein Pro­dukt inter­es­san­ter. Dieser Reflex hat in anderen Län­dern ja auch funktioniert.
Wo beste­ht Handlungsbedarf?
Wir brauchen eine viel stärkere Förderung der Ein­bindung von eMo­bil­ität in intel­li­gente Mobil­itätssys­teme und nicht die Ver­schwen­dung von Steuergeld auf der Suche nach der schick­sten Ladesäule und dem Geschäftsmod­ell dahinter.
Was meinen Sie mit intel­li­gen­ten Mobilitätssystemen?
Die Förderung von elek­trischen Antrieben im Zusam­men­hang mit Car-Shar­ing wäre zum Beispiel ein wichtiger Schritt. Oder der Aus­bau der Fahrrad­in­fra­struk­tur, um die Erfol­gs­geschichte der Ped­elecs zu unterstützen.
Inwieweit wird der Bun­desver­band eMo­bil­ität aktiv?
Über unseren Par­la­men­tarischen und Wis­senschaftlichen Beirat sowie über die Repräsen­tan­ten und Lan­desvertreter nehmen wir Ein­fluss auf Landes‑, Bun­des- und Europa­poli­tik. Indem wir die Entschei­der mit Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen ver­sor­gen, auf Missstände aufmerk­sam machen und beständig die medi­ale und poli­tis­che Sicht­barkeit der Neuen Mobil­ität in der Wirtschaft und in der Gesellschaft ver­ankern, ver­suchen wir zu erre­ichen, dass daraus ein zukun­fts­fähiger Markt wird. Damit sich­ern wir Arbeit­splätze, erhal­ten Wertschöp­fung und damit unseren Wohl­stand. Über ein Fes­thal­ten an fos­silen Tech­nolo­gien wird uns das nicht gelingen.
Wird es in 20 Jahren noch Diesel- und Ben­zin-Autos geben?
Nein. Der Diese­lantrieb wird in zehn Jahren nicht mehr in großen Stück­zahlen zu verkaufen sein.
Inter­view: Antje Meier
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